Du-Duuuu-Du-Du

Gedanken zur Woche

Bild: Tom Evans (via wikimedia OGL3)

Du-Duuuu-Du-Du
15.07.2016 - 06:35
14.07.2016
Pfarrer Eberhard Hadem

„Du-Duuuu-Du-Du“ – wer arbeitet, darf sich auch erholen. Die Ferien beginnen, Urlaub machen ist angesagt. Die einen relaxen auf Balkonien. Die anderen folgen ihrer Sehnsucht, gehen auf Reisen. Für alle gilt: ‚Ich bin dann mal weg‘.

 

„Du-Duuuu-Du-Du“. So jedenfalls hat es David Cameron zusammengefasst, bei seiner kurzen Pressekonferenz am Dienstag. Erst seine knappe Ansage vor Downing Street 10: „Ich bin sehr erfreut, dass Theresa May die nächste Premierministerin wird“. Dann geht er lockeren Schrittes Richtung Haustür. Das Mikro ist noch an und dann ist zu hören, wie der Noch-Premier vor sich hin singt: „Du-Duuuu-Du-Du“. Die Tür von Downing Street 10 öffnet sich, er verschwindet dahinter und man hört noch ein kräftiges „Right!“.

 

Das war’s? Da ist einer nur froh, dass endlich alles vorbei ist? Cameron klingt wie ein Mann, von dem eine große Bürde abfällt. Er hat sich einfach aus dem Amt gesungen. Das befreiende Gefühl, alles hinter sich lassen zu können – und nicht mehr zurückzukehren.

 

Das unterscheidet ihn allerdings von den meisten von uns: nach Ferien und Urlaub wird es zurückgehen in die Verantwortung, den Alltag von Schule und Arbeit. Und genau das macht, denke ich, die besondere Qualität von Ferien und Urlaub aus: dass sie ein Ende haben. Dass ihre Zeit begrenzt ist und gerade deshalb wertvoll. Dass sie mich entspannt und erholt in die Verantwortung im Alltag zurückkehren lässt.

 

Urlaub heißt für mich: Jetzt darf ich machen, was ich möchte. Kann die Seele baumeln lassen. Kann das tun, worauf ich mich schon lange freue. Ich selber fahre am liebsten nach Griechenland in den Urlaub. Gerade jetzt, wo es diesem alten europäischen Land, das die Demokratie erfunden hat, so schlecht geht. Ich mag die Griechen und bin gerne bereit, für ein wenig mehr Einnahmen dort zu sorgen. Weil mir ihre Lebensart nach wie vor gut tut. Auch wenn die öffentliche Meinung über Griechen eine andere ist: Griechen arbeiten viel und hart. Doch haben sie ein besseres Gefühl dafür, dass es Zeiten geben muss für Muße und Erholung. Auch das ist ein Zeichen von Verantwortung – für sich selbst.

 

Wenn ich aus dem Urlaub nach Hause komme, ist mir wieder klarer geworden: der Wechsel von Arbeit und Muße tut mir gut. Ein Leben mit viel Arbeit, aber ohne Erholung ist möglich, aber sinnlos. Wir versuchen oft, Zeit zu sparen, statt sie sinnvoll zu nutzen. Wir telefonieren beim Kochen, wir essen bei der Arbeit. Am liebsten würden manche Menschen das auch den Griechen vorschlagen: sparen, sparen, am besten auch bei der freien Zeit.

 

Vielleicht ist es das, was Arbeit zerstörerisch werden lässt. Wenn es nichts außer Arbeit gibt, gerät mit mir selbst auch alles andere aus dem Blick. Gott und der Nächste spielen keine Rolle mehr, wenn die Arbeit Kalkül und Berechnung zu den einzigen Maßstäben gemacht hat. Das ist nicht nur verantwortungslos, sondern auch lieblos. Für David Cameron ging diese Rechnung nicht auf – er hat sich verzockt und dann die Reißleine gezogen. Manch ein Kommentator hört Camerons Verachtung aus seinem kurzen Liedchen[1] nach dem Motto: ‚Denkt, was ihr wollt, ist mir doch egal‘.

 

„Du-Duuuu-Du-Du“ – wieviel leichter und entspannter klingt das mit Liebe in den Noten. „Den Nächsten lieben…“ – mit diesem Maßstab aus der Bibel bekommt Verantwortung eine Melodie, die nicht schreckt, sondern lockt: „Den Nächsten lieben… wie mich selbst!“

 

Urlaub ist dann etwas anderes als ein ‚ich bin jetzt weg und ihr könnt mich mal‘. Urlaub ist dann nicht allein eine Reise nach Europa und in die Welt, sondern auch zu mir und meinem Nächsten. Die Seele kann baumeln und – wer weiß – in der freien Zeit entdecken, wie schön doch Gott die Welt und mich selbst gemacht hat. Damit komme ich gerne wieder zurück.

 

„Du-Duuuu-Du-Du“ – wenn Sie mit mir darüber reden möchten: bis 8.00 Uhr bin ich erreichbar unter 030 – 325 321 344. Oder diskutieren Sie mit auf Facebook unter ‚deutschlandradio.evangelisch‘.

 

[1] http://www.spiegel.de/politik/ausland/david-cameron-ich-bin-jetzt-weg-ihr-koennt-mich-mal-kommentar-a-1102656.html

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14.07.2016
Pfarrer Eberhard Hadem