Hamsterkäufe

Hamsterkäufe
Hamsterkäufe
26.08.2016 - 06:35
26.08.2016
Pastorin Cornelia Coenen-Marx

„Hamster deutschlandweit restlos vergriffen“ titelte das Satiremagazin „Der Postillion“ Anfang der Woche. Da hatten die Medien gemeldet, dass die Bundesregierung das Zivilschutzkonzept neu auflegt und Bürgern rät, sich Vorräte für den Notfall anzulegen. Innerhalb weniger Stunden, so „Der Postillion“, hätten besorgte Menschen sämtliche Hamster in deutschen Zoohandlungen aufgekauft. „Die Leute sind unsicher, wie viele Hamster man für 10 Tage braucht“, wird ein Zoohändler zitiert – schließlich waren Hamsterkäufe in Deutschland schon länger nicht mehr nötig.

 

Als Kind der 50er Jahre kenne ich noch Vorratskeller. Damals war es selbstverständlich, genügend Wasser, Reis und Gries, Konserven und Knäckebrot im Haus zu haben – auch Aspirin und etwas Bargeld. Und Kerzen natürlich, wenn der Strom ausfällt. Als meine Schwestern an die Ostküste der USA zogen, habe ich erlebt, wie sinnvoll das ist. Auch für die ganz normalen Katastrophen: für Schnee- und Wirbelstürme oder für den Fall, dass ein Baum auf die Stromleitung fällt.

 

Es ist gar nicht schlecht, sich gelegentlich daran zu erinnern, dass das scheinbar Selbstverständliche nicht selbstverständlich ist. Trotzdem war die Aufregung in dieser Woche groß. Katastrophenschutz? Terrorgefahr? Sind wir denn so bedroht, dass man über Hamsterkäufe nachdenken muss? Die Opposition spricht von Angstmache und Panikstimmung.

 

Aber die meisten Bürgerinnen und Bürger blieben gelassen. Wir fühlen uns doch ziemlich sicher in diesem Land. Und in der Regel funktioniert ja alles. Allerdings ist es nicht mehr schwer, sich andere Szenarien vorzustellen. Die Finanzkrise in Griechenland, der Amoklauf in München – die Bilder liegen schon in unseren Köpfen bereit. Stillstehende U-Bahnen, Schlangen vor Geldautomaten, ausverkaufte Supermärkte und Kühlschränke, in denen die Ware ungenießbar wird. Mangel in einem reichen Land. Was gäbe man da für einen Kleingarten.

 

Die Bibel erzählt von einer Dürreperiode in Phönizien. Ein Jahr ohne Regen, das Korn trug nicht, die Tiere starben, die Vorräte waren knapp geworden. Besonders für die Armen. Da gab es eine Witwe in Zarpat, die kurz vor dem Verhungern war. Sie hatte kaum noch Öl und Mehl für sich und ihren einzigen Sohn, als ein Fremder sie ansprach. Er bat nur um das Nötigste. Aber kann man Hilfe erwarten, wenn der andere selbst nicht weiß, wie er überleben soll? Das mutet der Fremde ihr zu. Sie soll ihm ein Fladenbrot backen. Das letzte, was sie hat, soll sie nun auch noch teilen. „Hab keine Angst“, sagt er, „mein Gott, der Gott Israels, hat es versprochen: ‚Der Mehltopf wird nicht leer und das Öl im Krug versiegt nicht, bis ich es wieder regnen lasse.’“

 

Und die Verheißung des Fremden erfüllt sich. Es ist übrigens der Prophet Elia. Die Witwe vertraut ihm und teilt. Und das Teilen wirkt Wunder. Vielleicht ist es das einzig Vernünftige, wenn es ums Überleben geht. In Rumänien und in Palästina und im Sudan habe ich solche Gastfreundschaft erlebt. Vielleicht, weil die Menschen dort wissen, dass sie aufeinander angewiesen sind. Es ist nicht nur egoistisch, es ist kurzsichtig, nur für sich selbst zu sorgen. Vertrauen ist am Ende doch stärker als die Angst, die sammelt und hortet. Das ist eine zentrale Botschaft der Bibel. Und die Geschichte vom reichen Kornbauern erzählt, wie dieser vor seinen vollen Scheunen stand und glaubte, nun könne ihm nichts mehr passieren. Aber sein Reichtum nutzte nichts. Und Vorräte geben nur begrenzt Sicherheit.

 

Sollen wir also keine Vorräte anlegen? Zivilschutzgesetz hin oder her? Ich denke, es kommt auf die Haltung an. Immer genug Wasser im Haus zu haben, Knäckebrot und ein paar Konserven – das ist vernünftig. Aber ich weiß, dass unser Leben nicht daran hängt. Und ich mag es, wie gelassen der Humor mit dem Thema umgeht. Auf Facebook hat ein Freund ein Foto von seinen Vorräten gemacht: 10 Nutella-Gläser für die ganze Familie.

 

Was steht auf Ihrer Einkaufsliste? Wenn Sie mit mir sprechen wollen – Sie erreichen mich bis 8 Uhr unter der Telefonnummer 030 – 325 321 344. Oder diskutieren Sie mit auf Facebook unter ‚deutschlandradio.evangelisch’.

Weitere Infos

26.08.2016
Pastorin Cornelia Coenen-Marx