Liebe, größer als der kaufmännische Ehrgeiz

Gedanken zur Woche
Liebe, größer als der kaufmännische Ehrgeiz
03.07.2015 - 06:35
18.06.2015
Ulrike Greim

Es ist eine alte Geschichte. Jesus erzählt sie. Es geht um Gott. Sie geht so:

 

Es war einmal vor langer Zeit eine große Familie. Die hatte viel Land und Vieh, Mägde und Knechte, eine florierende Landwirtschaft, allzeit viele Gäste und gute Musik. Es ging ihr gut und sie lebte friedlich und in Freuden.

Eines Tages kam einer der Söhne zum Vater und erbat sich seinen Erbteil. Der Vater hatte kein Verständnis. Aber tat, wie ihm geheißen. Festbinden kann man Kinder schließlich nicht. Und da sie eine wohlhabende Familie waren, war Geld kein Problem. Der Sohn nahm also, was er kriegen konnte und entfernte sich von der Familie.

Dort lebte er fröhlich. Zu fröhlich, fanden die Brüder, sie hörten, er lebe ausschweifend und ohne Skrupel, verprasse, was er mitbrachte. Fakt ist: Irgendwann hatte er nichts mehr. Er hungerte, musste sich mit Gelegenheitsjobs durchschlagen und wurde abhängig vom guten Willen der anderen. Bis er von niemandem mehr etwas bekam.

 

Seine Familie wurde unwillig. Wie kann das sein, dass einer so dermaßen gegen die guten Regeln verstößt? Weiß er nicht, aus welcher Familie er kommt? Wie gern hätten sie ihm Hausaufgaben aufgetragen, gezeigt, wie man in dieser Familie haushaltet. Man hat ja Erfahrung.

Und Geld kommt niemandem aus dem Knopflöchern. Schließlich hat sich seine ganze Familie doch so angestrengt, sich viele Jahre an die Gebote gehalten und nichts genommen, was ihr nicht zusteht.

Seine Geschwister waren empört. Sie wollen ihn lassen, wo er ist, egal, wie es ihm geht. Drückt sich um die Arbeit und erwartet, dass wir zahlen?! Der Mistkerl, so sagte es einer der Brüder, habe in der Familie nichts mehr zu suchen. Der hat sich verzockt, eine Spielernatur eben. Kennt man doch. Nun müsse er selber sehen. Schließlich sei er erwachsen. Ein anderer pflichtete ihm bei und ergänzte, man dürfe ihm nicht über den Weg trauen. Er sei politisch nicht einwandfrei, man solle ihn besser zum Teufel jagen.

 

Der Vater rang mit sich. Schließlich ging es um seinen Sohn. Er wiegte den Kopf sagte, dass man jedem helfen müsse, der in Not sei. Egal, wie er sich benommen hat.

Seine Kinder lachten höhnisch. Und wir? Wir reißen uns am Riemen, wir haushalten, wir machen unseren Job, wir bestellen dir den Hof. Und damit sollen wir den durchbringen? Der hält von Familie nichts. Hat er doch gezeigt. Familie ist ein Wert. Nicht nur eine Währung.

Und wir mühen uns doch. Den Armen geben wir ab. Geben Asyl, begleiten, unterstützen. Aber dem borgen wir keinen Cent mehr. Der will ja auch selber nicht mehr dazu gehören. Vater, schmeiß ihn raus!

Der Vater war alt und weise. Und seine Liebe war größer, als sein kaufmännischer Ehrgeiz. Er zog sich die Jacke über und ging hinaus, den verlorenen Sohn zu suchen. Und als er ihn fand, breitete er die Arme weit aus. Er umschloss den zerlumpten Lümmel und drückte ihn an sein Herz.

Kein Wort vom Vater zu den Schulden, keine Frage nach der Schuld. Er nahm in wieder zu sich auf den Hof. Er ließ ein gemästetes Kalb schlachten, lud alle ein und feierte ein großes Fest.

An dieser Stelle klappe ich die Bibel zu. Und lache mal ganz laut. So ein Narr. Der lässt sich ausnutzen, oder? Aber gut, es ist eine alte Geschichte. Und sie handelt von Gott. Nicht von uns.

Güte und Barmherzigkeit sind antiquierte Begriffe, keine der Tagespolitik. Wo kämen wir da auch hin. Wir sind ja nicht Gott. Und kein Politiker ist es. Logisch.

 

Und ja – ich hab es zu oft gehört: „Politik geht nicht mit der Bibel in der Hand, sondern nur pragmatisch. Fiskalisch, juristisch, legislativ. Wollen wir doch mal die Kirche im Dorf lassen.“

 

Nur: Die Frage ist, welche Werte wir der Politik zugrunde legen.

 

Da gibt es eine Idee. Die einer europäischen Familie. Die ist gut. Und sie kostet was. In der Geschichte müssen gemästete Kälber geschlachtet werden. Am Ende werden alle satt.

 

Nette Illusion?

Ist diese Idee zu groß?

Gott ist groß. So sagt es Jesus.

Ach wenn wir doch mit ihm wachsen könnten.

Darüber könnten wir reden.

 

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18.06.2015
Ulrike Greim