Wegmarken

Gedanken zur Woche

Bild: epd-bild / L'Osservatore Romano

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Gedanken zur Woche
10.02.2017 - 06:35
10.02.2017
Pfarrerin Cornelia Coenen-Marx

War das nun ein ökumenischer Meilenstein? Papst Franziskus empfing Montag in Rom eine Delegation der Evangelischen Kirche in Deutschland zusammen mit dem Vorsitzenden der Katholischen Deutschen Bischofskonferenz. Das Abschlussfoto zeigt eine große Runde – der Papst in Weiß, gerahmt von Kardinal Marx, Landesbischof Bedford-Strohm und den anderen Offiziellen – die meisten in Schwarz, manche violett, viele mit Bischofskreuzen. Schön, dass auch Frauen bei sind – gleich neben dem Ratsvorsitzenden seine Stellvertreterin, Annette Kurschus.

 

Ein Meilenstein? Im Jahr des Reformationsjubiläums sind die Erwartungen groß. Vom gemeinsamen Abendmahl ist die Rede, wenn nicht für alle, dann wenigstens für die evangelisch-katholischen Ehen, die Brückenbauer, die die innerchristlichen Zerreißproben am besten kennen. Auch auf einen Papstbesuch in Deutschland setzen viele ihre Hoffnung in diesem Gedenkjahr. 500 Jahre – das ist doch wirklich lang genug, um die Verletzungen und Kränkungen aufzuarbeiten, die mit der Kirchenspaltung verbunden waren. Nach 500 Jahren ist es Zeit zur Versöhnung. Wenn die Kirchen es nicht schaffen, einander mit der je eigenen Geschichte und Perspektive anzuerkennen – wer denn dann? In „einer Zeit, in der die Menschheit durch tiefe Risse verwundet ist und neue Formen von Ausschließung und Ausgrenzung erfährt“, haben die Kirchen eine besondere Verantwortung, betonte der Papst.

 

Die Bilder aus Rom wecken Erwartungen: Bedford-Strohm und der Papst, wie sie sich an der Hand halten und gemeinsam in der neuen Luther-Bibel lesen, dem Gastgeschenk der evangelischen Delegation. Der Kelch, der beim Abendmahl in der evangelischen Christuskirche kreist – ein Gastgeschenk des Papstes bei seinem Besuch im Herbst 2015. Damals hatte ihn jemand nach dem Abendmahl in konfessionsverbindenden Ehen gefragt. Jeder solle prüfen, wie die Teilnahme den gemeinsamen Weg stärken könne, hatte der Papst geantwortet. Und hinzugefügt: „Sprecht mit dem Herrn und geht weiter.“

 

An der Basis haben das viele längst getan. Überall in Deutschland lassen sich Katholiken zum evangelischen Abendmahl einladen, Evangelische nehmen an der Eucharistie teil. Diakonische Einrichtungen fusionieren, Seelsorger arbeiten ökumenisch und auch an evangelischen Häusern ist der Segen der Sternsinger zu finden. Längst wird auch die Taufe wechselseitig anerkannt – und natürlich auch Taufpaten aus der anderen Konfession. Wo Gemeinden zusammengelegt und Kirchen geschlossen werden, engagiert man sich gemeinsam für Kinder und Jugendliche, in Besuchsdiensten oder an Tafeln. Auch gemeinsame Sorgen verbinden.

 

Die Sehnsucht nach Einheit ist nicht neu. Sie wird dringender da, wo nur noch eine Minderheit zur Kirche gehört. Schon Jesus selbst betete um Einheit, damit die Welt glaubt. Ökumene ist schließlich keine Selbstbeschäftigung der Christen – es geht um die Welt. Mitten in unserer säkularen und pluralistischen Gesellschaft kehrt gerade der Kampf ums Christliche zurück. Im Namen des christlichen Abendlandes bringen manche das Kreuz in Stellung – gegen alle, die anders sind.

 

„Wir sind gemeinsam auf dem Weg“, so Bedford-Strohm im vorigen Jahr, „Wie schnell dieser Weg geht und wann dieser Weg am Ziel der sichtbaren Einheit ist, kann niemand sagen.“ Die sichtbare Einheit ist Gottes Sache – ich glaube, sie steht am Ende der Zeiten. Aber unterwegs gehen uns immer öfter die Augen auf so wie den Jüngern Jesu auf ihrem Weg nach Emmaus. Beim Brotbrechen, beim Vater Unser, bei einer Taufe spüren wir Gottes Nähe und die Gemeinschaft, die stärker ist als alles Trennende. Nein, das gemeinsame Abendmahl ist noch nicht in Sicht. Und bis eine katholische Bischöfin da steht, wo am Montag Annette Kurschus stand, wird es noch dauern. Ein Meilenstein war‘s wohl nicht am Montag. Aber das Bild macht Hoffnung darauf, dass die Spitzen der Kirche der Basis langsam folgen könnten.

 

Wenn Sie mit mir über Ökumene sprechen wollen, können Sie mich bis acht Uhr anrufen unter der Telefonnummer 030 325 321 344. Oder diskutieren Sie mit auf Facebook unter „deutschlandradio.evangelisch“.

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Pfarrerin Cornelia Coenen-Marx