...dann wird unser Mund voll Lachens sein

Morgenandacht
...dann wird unser Mund voll Lachens sein
21.05.2016 - 06:35
27.12.2015
Pfarrerin Melitta Müller-Hansen

Kennen Sie den? „Schade, dass Adam und Eva keine Chinesen waren. Die hätten den Apfel hängen lassen und die Schlange gegessen!“ Oder den: „Rollt eine Kugel um die Ecke und fällt um.“ Ich lasse mir gerne Witze erzählen, kann es selber leider nicht so gut. Aber das Lachen darüber ist absolut meins. Als 14jährige, glaube ich, habe ich ein ganzes Jahr im lachenden Zustand verbracht. Ich war ein ganz typischer Teenager, ein Mädchen mit Kicheranfällen und Lachkrämpfen, das an allem etwas Lustiges fand. Zu viert waren wir damals unterwegs und wenig war uns heilig. Gnadenlos äfften wir Lehrer und Eltern nach und ergötzten uns an Schimpf- und Schmähwörtern. Neulich erzählte eine Kollegin mir, sie sei öfter aus dem Unterricht geworfen worden, weil sie einfach nicht mehr aufhören konnte zu lachen. Und sie bedaure außerordentlich, dass ihr das heute nirgendwo mehr passiert. „Ich lache wohl weniger häufig und nicht mehr so heftig!“

 

Ja, Kinder, sagt die Wissenschaft, lachen zehnmal mehr als Erwachsene am Tag. Dabei ist Lachen so gesund. Es regt den Stoffwechsel an, ist gut für Atmung und Herz – und ganz viele Muskeln machen und lachen mit. Evolutionär erfolgreich ist das Lachen aber noch aus einem anderen Grund. Der lachende Mensch ist der friedliche Mensch. Seit Millionen Jahren hat die Evolution in unserem Gehirn verankert: Ich lache dich an – das heißt: Ich bin nicht dein Feind. Alles ist gut! Du brauchst keine Angst vor mir haben.

 

Lachen entfeindet, befriedet, lachen entkrampft, nicht zuletzt einen selbst – und ist dabei auch noch ansteckend. Lachen ist in diesen Zeiten des Fanatismus eine Tugend, eine Gabe des Geistes. Satire-Sendungen, so gefährlich sie auch sind, vor allem im arabischen Raum, scheinen mir bitter nötig. Gerade, wer über sich selbst nicht lachen kann, kommt in den Fokus:

 

Drei IS-Kämpfer lauern am Straßenrand, die Gewehre baumeln locker von den Schultern. Wer vorbeifährt, muss aussteigen und wird verhört. Name, Herkunft. Dann haben die Bärtigen aber noch weitere Fragen: „Wie oft knien wir beim Morgengebet nieder?“ „Wie oft kommt der Buchstabe A in einer bestimmten Hadith-Sammlung vor?“ Wer die Antwort nicht weiß, wird erschossen. Dann steigt ein jordanischer Christ aus seinem Auto, und die Kämpfer streiten sich darum, wer ihn töten darf – Andersgläubige bringen besonders viele Punkte. Der Christ versucht zunächst, wie es Christenpflicht ist, den Streit zu schlichten, erleidet dann aber einen Herzinfarkt und fällt tot um. Die Kämpfer flehen den Toten an: „Bitte, steh auf, nur für eine Sekunde, lass dich erschießen, dann kannst du wieder sterben!“

 

Das, was sich groß aufspielt, muss man lächerlich machen. Das, was als einzige, große Wahrheit hinausposaunt und mit Waffen brutal durchgesetzt wird, muss man mit seinem Machtanspruch und den Konsequenzen entlarven. Das ist eine hohe Kunst. Gegen Angst, gegen Verhärtung hilft nun mal am besten Lachen. Es ist anarchisch, es ist respektlos. Lachen ist eine vitale Möglichkeit des Menschen. Teuflisch sagte Aristoteles und mit ihm auch einige Theologen. Denn Jesus habe nicht gelacht, er habe nur geweint. Beweisen lässt sich weder das eine noch das andere. Doch ein Psalm verspricht: Wenn alle Kämpfe gekämpft, wenn alle Tränen geweint, wenn alle Popanze entlarvt und alle Tyrannen entmachtet sind: Dann wird unser Mund voll Lachens und unsere Zunge voll Rühmens sein. Das wird ein großes befreiendes wunderbares anarchisches Lachen sein.

 

Die Schreiber der Bibel scheuen es keineswegs. Sie beweisen Humor. Sie bringen dem Leser die Kunst bei, über sich selbst lachen zu können. Im Fenster eines Haus sitzt einmal ein junger Mann namens Eutychus und lauscht ganz andächtig der Predigt des Apostels Paulus. Und weil Paulus so lange redet, fällt dieser in den legendären Kirchenschlaf und plumps aus dem Fenster.

27.12.2015
Pfarrerin Melitta Müller-Hansen