Es ist nicht gut, dass der Mensch allein ist.

Morgenandacht
Es ist nicht gut, dass der Mensch allein ist.
24.08.2016 - 06:35
24.08.2016
Pastor Frank Mühring

Es ist nicht gut, dass der Mensch allein ist. So sagt es Gott zu Beginn der Zeit in der Schöpfungsgeschichte. Ganz am Anfang ist Adam der einzige Mensch im Paradies. Um ihn herum wimmelt es von Tieren und Pflanzen. Die Wasserströme des Paradieses erquicken ihn und lassen überall frisches Grün aufgehen. Adam hat genug zu essen. Er kann sich von dem reichhaltigen und nahrhaften Früchtebuffet im Garten Gottes bedienen. Er darf arbeiten oder entspannen, wann er  dazu Lust hat. Niemand redet ihm rein. Er hat kaum regelmäßige Pflichten und sicher noch keinen prallvollen Terminkalender. Er darf schlafen gehen und aufstehen, wann er möchte. Es geht Adam eigentlich total gut. Eigentlich! Wäre da nicht die unfassbare Einsamkeit, die ihn jeden Abend befällt, wenn er sich in sein rascheliges Bett aus Blättern zurückzieht. Und fragend in den Himmel schaut. Adam hat nicht eine Seele, mit der er sich unterhalten kann. Wie sein Tag war. Was schön war und was langweilig. Was morgen zu tun ist. Adam ist einsam – auch das gehört zum Menschsein dazu, weiß die Bibel.

Aber sie sagt auch: Es ist nicht gut, dass der Mensch allein ist. Und dennoch: Jeder vierte Deutsche lebt wie Adam am Anfang der Zeit – als Single. Es gibt Menschen, die sind richtig glücklich damit und fühlen sich gut so. Ihnen fehlt – nichts. Die Bibel verurteilt das Alleinleben in keiner Weise. Aber die Schöpfungsgeschichte lässt doch erkennen: das Leben allein ist nicht immer ein Paradies. Alleinsein kann richtig nerven. Vor allem während der langen Nächte oder der endlosen Wochenenden. Manche Mediziner halten Einsamkeit als Folge des Alleinlebens für gesundheitsgefährdend. Wer einsam ist, den drückt zuweilen auch erhöhter Blutdruck, Schlaf und Immunsystem können durcheinander geraten.

Nicht jeder Single hat das Alleinleben bewusst gewählt. Oft ist es die Folge einer Trennung. Oder der Partner, der einen das Leben lang begleitet hat, lebt nicht mehr. Mit einem Mal ist man nach vielen Jahren gemeinsamen Lebens allein. Da hilft als Gegengift kein Abtauchen in die Masse. Man kann mitten in einer Großstadt, umgeben von vielen Menschen, unsäglich einsam sein. Einsamkeit ist das Gefühl: Ich bewege mich täglich inmitten vieler Gestalten, bin aber ohne einen Menschen. Viele Singles haben zum Glück Freunde, Nachbarn, Leute, mit denen sie reden können. Wer aber als Single von Einsamkeit geplagt wird, hat das Gefühl: Da ist keiner, der sich wirklich für mich interessiert. Keiner, mit dem ich reden kann über meine versteckten Fragen und Probleme. Der mir zuhört, ohne auf die Uhr zu schauen. Dem ich anvertrauen kann, was mich bedrückt, was mich kränkt, was mich innerlich auffrisst. Selbst Beziehungen zu anderen sind kein sicherer Schutz vor Einsamkeit. Denn „man kann sich auch in Gesellschaft anderer einsam fühlen.“ (Richard von Weizsäcker) Und das drückt auf die Seele. Es ist nicht gut, dass der Mensch allein ist, sagt die Bibel. In der Schöpfungsgeschichte erkennt Gott die Einsamkeit des ersten Menschen. Er kann in das Innere des Menschen schauen. Gott weiß, was der Single Adam am nötigsten braucht. Einen anderen Menschen. Ein Spiegelbild. Ein Gesicht, das ihn anschaut, auf ihn reagiert und ihm Antwort geben kann. In der Bibel für gerechte Sprache sagt Gott an dieser Stelle zu sich selbst: „Es ist nicht gut, dass der Mensch allein ist. Ich will für ihn eine Hilfe machen, so etwas wie ein Gegenüber.“ (Genesis 2,18 BigS)

Als Eva lebendig vor ihm steht, kann Adam erst einmal nur fassungslos staunen. Es klingt nicht besonders schlagfertig, wie Adam Eva anschaut und nüchtern feststellt: „Das ist doch Fleisch von meinem Fleisch!“ Adam scheint nicht so recht die Worte für das Geschenk zu finden, das Gott ihm macht. Ich denke mir, Adam ist von Eva einfach überwältigt. Endlich hat er ein Gegenüber gefunden.  Adam hätte auch sagen können: Danke, Gott, für diesen Menschen, der mir ähnlich ist. Eva ist total anders als Adam. Aber sie entstammt Adams DNA. Eva als sein Gegenüber wird wie Adam liebes- und leidensfähig sein. Wird ihn mal verstehen können und mal nicht. Auch Eva wird ein Gegenüber brauchen, um wirklich Mensch zu sein. Gut, dass Gott weiß, wie sehr wir Menschen eine solche Hilfe brauchen.
24.08.2016
Pastor Frank Mühring