Ich sehe was, was du nicht siehst

Morgenandacht
Ich sehe was, was du nicht siehst
von Pastor Christof Lenzen, Gera
05.09.2016 - 06:35
07.09.2016
Pastor Christof Lenzen

Urlaubsfahrten mit Kindern! Die haben es in sich! Und bald habe ich sie wieder vor mir – mit Kindern wie meinen recht entspannend, weil sie selten fragen: „Sind wir bald daaaaa?“. Ich war da ganz anders als kleiner Junge in den 70ern und bin meinen Eltern gehörig auf den Senkel gegangen. Ich erinnere mich düster an lange Fahrten Richtung Italien bei brüllender Hitze im alten Ford 17M mit heruntergelassenen Fenstern. „Dauert es noch lange“ - „Sind wir bald da“? Mit der Beharrlichkeit einer tibetischen Gebetsmühle wiederholte ich diese Frage wohl mit steigender Frequenz. Aber ich habe in dieser Zeit auch gelernt, dass Eltern Tricks haben, um ihren Zögling zu beschwichtigen. Zum Beispiele Spiele. Mein Lieblingsspiel: Ich sehe was, was du nicht siehst. Man sagt: „Ich sehe was, was du nicht siehst und das ist…“ - und hier nennt man eine Farbe von einem Gegenstand, den man gerade entdeckt hat – „…sagen wir: grün!“ Und das Kind muss nun raten, was bitte grün in der näheren Umgebung sein soll. Einem gerade entgegen kommende Autos gelten natürlich nicht! Das wäre gemein. Aber Gegenstände im Auto gelten.

Ich mache es heute nicht anders mit meinen beiden Kids! Und sie dann auch mit mir. „Ich sehe was, was du nicht siehst und das ist…. rot“. So fragt mein Sohn Ole. Und ich komme nicht drauf und gebe seufzend auf. Bis der sagt: „Die Warnlampe für den Motor!“ Scherz – so war es natürlich nicht! Aber das Spiel macht trotzdem Spaß. Auch heute noch.

 

Gott liebt dieses Spiel auch! Ich kann ihn hören, wie er es mit mir spielt, wenn ich es hören will. Ich bin überzeugt davon, dass Gott es liebt. Er flüstert mir nämlich zu: Ich sehe was, was du nicht siehst und DAS bist: DU! Und dann zeigt er mir, was er in mir sieht! Welche Eigenschaften, Charakterzüge, Talente er in mir sieht. Das Faszinierende daran ist: Gott sieht, was ich sein WERDE, nicht was ich BIN! Er sieht mich in meiner Zukunft, wenn ich ihm weiter folge und er mich verwandelt. Dass Gott das tut und dass Glaube Verwandlung bedeutet, das bezeugt die Bibel auf vielfältige Weise und mit vielen Bildern. Aber wohin? Das weiß Gott und er sieht es in jedem von uns Menschen angelegt.

 

Zu den Zeiten der Bibel war ein neuer Name oft Ausdruck dieser Zukunft. Gott verlieh den Menschen, denen er begegnete einen neuen Namen. Die Bibel erzählt, wie aus Abram Abraham und aus Saulus Paulus und aus Simon Petrus wurde und viele bewegenden Geschichten mehr. Aber es wird noch konkreter: Da begegnet Gott durch einen Engel dem Gideon – einem ganz bunten Vogel (Richter 6). Wie spricht der Engel Gideon an? „Gott mit dir, du tapferer Krieger!“ (Vers 12). Gideon reagiert genervt und ungläubig. Denn - das IST Gideon da noch gar nicht. Aber Gott sieht in Gideon bereits den tapferen Krieger. Er liebt es, in Menschen das zu sehen, was noch nicht ist… Es lohnt sich, diese Geschichten nachzulesen!

 

Wir Menschen sind da anders. Wir lassen Menschen schon mal fallen, wenn wir nicht mehr das in ihnen sehen, was wir sehen wollten und wollen. Weil es in menschlichen Beziehungen oft mehr um uns geht und nicht nur um den anderen. Gott dagegen verschenkt sich und dient dem Menschen in Gänze. Er befreit ihn, zu sich selbst zu finden und so befreit anderen Menschen dienen zu können – und vielleicht sogar Gott. Das ist das Eine. Das andere ist: sehen zu lernen, wie Gott sieht. Und Menschen das zu sagen, was wir in ihnen sehen können. Sie zu ermutigen. Ihnen das Bild einer möglichen Zukunft vor Augen zu malen. Niemand braucht so weit zu schauen wie Gott – aber mit seinem Blick kann man erahnen, wie viel Gutes in einem Menschen steckt. Und es ihm oder ihr ermutigend zusagen!

 

Alles fängt damit an Gottes Augen-Blick zu spüren, der mich anschaut und meine Zukunft sieht und mich ermutigen möchte. Wenn ich das erlebe und annehme, kann ich diese Ermutigung auch weiter geben. So entsteht ein Kreislauf der Ermutigung – von Gott durch dich und mich zum Nächsten. Manchmal bin ich dabei ungeduldig wie ein Kind. Denn – wohin die Reise mit Gott geht, dort muss es sehr gut sein!

07.09.2016
Pastor Christof Lenzen