Was ist dein Trost im Leben und im Sterben?

Morgenandacht
Was ist dein Trost im Leben und im Sterben?
18.04.2017 - 06:35
17.04.2017
Pfarrer Markus Karsch

„Was ist dein einziger Trost im Leben und im Sterben?“

Die erste Frage des Heidelberger Katechismus von 1563. Ein alter Text aus der Zeit der Reformation. In 129 Fragen und Antworten erklärt er das Christsein. Das Entscheidende steht gleich zu Beginn:

 

„Was ist dein einziger Trost im Leben und im Sterben?

Dass ich mit Leib und Seele, beides, im Leben und im Sterben, nicht mein, sondern meines getreuen Heilands Jesu Christi eigen bin.“

 

Diese Grundfrage des Glaubens und der erste Satz ihrer Antwort stehen gedruckt auf den alten Konfirmationsurkunden meiner Gemeinde. Bei Jubiläen zeigen mir die goldenen, diamantenen oder eisernen Konfirmandinnen und Konfirmanden gerne ihre alten Urkunden mit diesem Text.

 

Manchmal sehe ich solche Urkunden auch bei Trauerbesuchen. Sie hängen in der Stube der Verstorbenen, meist gleich neben den Familienfotos. Oder im Schlafzimmer, über dem Nachttisch, immer vor Augen, Tag für Tag.

Vielleicht schon etwas vergilbt vom Alter, aber immer noch gut lesbar. Mit eben diesem Text, der Menschen fast ihr ganzes Leben lang begleitet hat.  Offenbar ist er ihnen über die Jahre wichtig geblieben.

Oder er ist ihnen mit den Jahren wichtig geworden.

 

„Was ist dein einziger Trost im Leben und im Sterben?

 

Weil in diesem Jahr Reformationsjubiläum ist, habe ich mit meinen aktuellen Konfirmanden diesen kleinen Ausschnitt des Heidelberger Katechismus bearbeitet.  Besser gesagt: ich hab’s versucht, aber der Text blieb ihnen fremd.

Auch heute haben Jugendliche Angst, Sorgen und Nöte. Und natürlich suchen auch sie Trost. Viele finden ihn in der Familie und bei Freunden. Und sehr oft in ihrer Musik. Andere gehen zum Sport, Shoppen, spielen am Computer oder Handy oder suchen Trost in den sozialen Netzwerken.

Gott oder den Glauben haben die Jugendlichen nicht genannt.

 

Ich frage mich, warum: Liegt es an mir? Erkläre ich nicht richtig?

Oder liegt es an den Jugendlichen?

 

Sie sind nicht dumm; und auch nicht oberflächlich. Sie glauben nicht nur an Snapchat, Whatsapp oder YouTube.

Nein, meine Jugendlichen sind völlig in Ordnung. Sie sind genau so, wie Jugendliche sein sollten: Unbeschwert -  und in vielem noch unerfahren.

 

Meine alten Jubel-Konfirmanden haben einiges erlebt in ihrem Leben. Und auch einiges erlitten: Sie haben ihr Glück gefunden und wieder verloren, haben Partner, Kinder und Enkelkinder erlebt, haben gearbeitet, sich am Leben abgearbeitet. Sie haben Erfolge gefeiert und Misserfolge durchgemacht. Sie haben Leid und Schmerz durchlitten, liebe Menschen an den Tod verloren und ihm vielleicht schon einmal selbst ins Gesicht gesehen.

So haben sie nach und nach viel an Erfahrung gewonnen.

Und die Unbeschwertheit ihrer Jugend verloren.

 

Familie und Freunde standen auch ihnen über die Jahre zur Seite, wie heute meinen Jugendlichen. Aber manchmal standen sie auch alleine da, mutterseelenalleine.

Und haben erfahren, dass sie dann einen besonderen Trost brauchten, um weiterzumachen. Um durchzuhalten. Um zu ertragen.

Und dann erst füllt sich dieser Glaubenssatz des Heidelberger Katechismus mit Leben – mit dem eigenen Leben, den eigenen Lebenserfahrungen. Erst dann wird aus einer alten Urkunde ein Zeugnis des Glaubens und für das eigene Leben.

 

In seinem Glaubenszeugnis hat Dietrich Bonhoeffer es so ausgedrückt:

 

„Ich glaube, dass Gott uns in jeder Notlage so viel Widerstandskraft geben will, wie wir brauchen. Aber er gibt sie nicht im Voraus, damit wir uns nicht auf uns selbst, sondern allein auf ihn verlassen.

In solchem Glauben müsste alle Angst vor der Zukunft überwunden sein.“

 

Widerstandskraft und Trost lassen sich nicht im Voraus begreifen. Aber man kann sie erleben, wenn es nötig ist. Und dann die Erfahrung machen, dass Gott und Glaube Trost geben.

 

Was meinen Jugendlichen noch so unbegreiflich erscheint, dass haben ihre Großeltern erlebt. Und so mit den Jahren erkannt, dass es wahr wird, was auf diesen alten Urkunden gedruckt steht:

 

„Was ist dein einziger Trost im Leben und im Sterben?

Dass ich mit Leib und Seele, beides, im Leben und im Sterben, nicht mein, sondern meines getreuen Heilands Jesu Christi eigen bin.“

17.04.2017
Pfarrer Markus Karsch