„Prüft alles und behaltet das Gute!“

Wort zum Tage
„Prüft alles und behaltet das Gute!“
27.05.2015 - 06:23
31.03.2015
Pastorin i.R. Elke Drewes-Schulz

Seit Adam und Eva haben Menschen die Dinge vermessen, um sie einordnen und letztlich beherrschen zu können – ganz im Sinne des göttlichen Auftrags, sich die Erde untertan zu machen. Dank moderner Technik kann der Mensch heute mehr denn je seiner Leidenschaft am Vermessen frönen. Während Alexander von Humboldt sich noch mit der „Vermessung der Welt“, also des menschlichen Lebensraums, begnügte, hat die Lust am Vermessen mittlerweile das Individuum Mensch zum Objekt der Begierde gemacht. „The quantified self“ – „das vermessene Selbst“ – bezeichnet die technische Überwachung des eigenen Körpers und der eigenen Gewohnheiten durch Apps und Tools. Ziel ist, das Beste aus sich herauszuholen.

 

So neu, wie es auf den ersten Blick aussieht, ist er gar nicht, dieser Trend zur Selbstoptimierung, wie unsere durch Wirtschaftlichkeit und Hightech geprägte Sprache die vermeintliche Verbesserung der eigenen Lebensverhältnisse nennt.

 

Schon der Apostel Paulus gibt seiner Gemeinde in Thessaloniki den Rat:

„Prüft alles, und behaltet das Gute! (1. Thess. 5, 21)

 

Doch während bei Paulus der Mensch mit Gottes Hilfe selbst herausfinden muss, was für ihn gut ist und was ihm schadet, stehen dem Menschen heute eine Unmenge technischer Hilfen zur Verfügung. Irrtümer und Fehlverhalten sollen möglichst ausgeschlossen werden. Der Mensch muss lediglich die Technik bedienen, die künftig sein Leben steuert und ihm wichtige Entscheidungen abnimmt. Statt anderen zu vertrauen oder mit Gottes Hilfe zu rechnen, sichert man sich lieber ab. Die moderne Technik macht den Nutzer weniger abhängig von der Hilfe anderer. Bei denen weiß man ja nie, ob man ihnen trauen kann. Während der Mitmensch zum möglichen Konkurrenten oder Neider abgewertet wird, avanciert die Technik zur Helferin in fast allen Lebenslagen. Diese Helferin kümmert sich um alles: Sie hilft selbstverständlich im Beruf, aber auch bei der Bewältigung des Haushalts: Das moderne T-Shirt gibt kund, wenn es gewaschen oder ersetzt werden muss. Der Hightech-Kühlschrank organisiert den Einkauf, damit immer genug zu essen da ist. Apps zeigen den Blutdruck an, und sagen mir überdies, was ich für meine Gesundheit tun sollte. Sogar emotionale Bedürfnisse kommen nicht zu kurz: Die APP-Uhr wird zu meiner ganz persönlichen Lebensbegleiterin. Am Arm vermittelt sie körperliche Nähe. Sie klingelt nicht, sie tippt mich sanft an, wenn sie mir etwas mitteilen will oder mich fragt, wie es mir geht.

 

„Prüft alles und bewahret das Gute“, möchte ich da ganz nüchtern mit Paulus feststellen.

 

Auf Emails und die Möglichkeit, mich schnell und umfassend zu informieren und manche anderen Erleichterungen, die die Technik bietet und noch bieten wird, möchte ich keinesfalls verzichten. Wenn aber Controlling an die Stelle von Nächstenliebe und Selbstoptimierung an die Stelle von Gemeinschaft tritt, wenn der Computer den Mangel an persönlicher Zuwendung ausgleichen soll, dann läuten bei mir die Alarmglocken.

31.03.2015
Pastorin i.R. Elke Drewes-Schulz