Adventskranz und tätige Nächstenliebe

Wort zum Tage
Adventskranz und tätige Nächstenliebe
26.11.2016 - 06:23
24.11.2016
Pfarrer Dirck Ackermann

Morgen beginnt wieder eine neue Adventszeit. Ich liebe diese Zeit. Und besonders den Adventskranz. Jeden Morgen leuchtet er an unserem Frühstückstisch. Wir singen etwas und erzählen. Aber für mich ist der Adventskranz noch mehr. Er erinnert mich daran, dass Glaube und tätige Hilfe zusammengehören. Das hat mit dem Mann zu tun, der den Adventskranz erfunden hat: Johann Hinrich Wichern.

Anfang der 30er Jahre des 19. Jahrhunderts besucht der Hamburger Theologe die Menschen im Elendsviertel St. Georg, damals vor den Toren der Stadt. Hier erlebt er die schreiende Armut und Verwahrlosung, besonders der Kinder. Dieses Elend kann Wichern nicht lange mit ansehen. Er sammelt Geld bei den reichen Bürgern der Hansestadt. 1833 zieht er mit seiner Mutter und Schwester in eine kleine Kate, das sogenannte Rauhe Haus. Hier will er versuchen jungen Menschen eine neue Heimat zu geben. Zunächst sind es nur 12 Jungen, mit denen er dort zusammenlebt. Doch ihre Zahl wächst schnell an. Mädchen kommen hinzu. Die jungen Menschen wachsen nun in einer neuen familienähnlichen Situation auf.

Im Rauhen Haus erhalten die Kinder Zuwendung, sie bekommen Unterricht in Lesen und Schreiben und somit eine Zukunftsperspektive. Zudem nehmen sie regelmäßig an Gottesdiensten und Gebeten teil. Glauben und Leben gehören für Wichern zusammen. In dieser Lebens- und Glaubensgemeinschaft erfindet er den Adventskranz.

Denn Weihnachten spielt im Rauhen Haus eine besondere Rolle. Die Kinder warten ungeduldig auf dieses Fest. Diese lange Zeit des Wartens will Wichern gestalten. Seine Idee: Er nimmt ein großes, hölzernes Wagenrad und setzt Kerzen darauf: kleine rote für jeden Werktag und vier dicke weiße für jeden Adventssonntag. Er hängt das Wagenrad in den Betsaal. Am Abend jeden Tages zündet eines der Kinder eine weitere Kerze an.

Die Kinder wissen dadurch immer, wie viele Tage es noch bis Weihnachten sind. Am Tag vor Heilig Abend brennen dann alle Kerzen und der Raum erstrahlt in ihrem Licht. Für Wichern ein Symbol, dass durch die Geburt Jesu die Welt erhellt wird.

Und: Die kleineren Kinder lernen auf einfache Weise das Zählen. Ein wichtiger Nebeneffekt. Glaube und tätige Hilfe gehören eben auch darin zusammen.

Nicht nur der Adventskranz hat seither in unsere Kultur Einzug gehalten. Wichern hat zahllose christliche Hilfswerke initiiert, die sich um Menschen in Not kümmern. Sie sind bis heute tätig, in der Adventszeit auf besondere Weise. Ja, dadurch wird die Welt tatsächlich ein wenig heller.

24.11.2016
Pfarrer Dirck Ackermann