Am Tisch der Wahrheit

Wort zum Tage
Am Tisch der Wahrheit
25.05.2018 - 06:20
07.03.2018
Eberhard Hadem
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Es ist leicht, schöne und große Visionen von Frieden und Harmonie zu beschwören. Auch Jesus hat von der Hoffnung auf ein großes Fest im Himmel gesprochen, bei dem alle Menschen an einem Tisch feiern dürfen. Ein Tisch kann ein Symbol von Freiheit, Frieden und Gerechtigkeit sein. Aber der Weg dorthin ist der Weg der manchmal unbequemen Wahrheit. Erinnern wir uns an Martin Luther King, der trotz des Rassismus in Amerika für seinen großen Traum lebte:

 

Ich habe einen Traum, dass eines Tages die Söhne von früheren Sklaven und die Söhne von früheren Sklavenbesitzern auf den roten Hügeln von Georgia sich am Tisch der Bruderschaft gemeinsam niedersetzen können. Ich habe einen Traum!

 

Diese Worte Martin Luther Kings sind nach wie vor weltweit bekannt und vielen ans Herz gewachsen. Weniger bekannt ist, was er über den beschwerlichen Weg zu den Tischen der Gerechtigkeit und der Versöhnung zu sagen hatte, über den unbequemen Weg der Wahrheit, auf dem sich der Traum erfüllen kann. Er sagte in seiner Rede weiter:

 

Dies ist unsere Hoffnung: Mit diesem Glauben werden wir aus dem Berg der Verzweiflung einen Stein der Hoffnung hauen. (...) Mit diesem Glauben werden wir gemeinsam arbeiten können, gemeinsam beten können, gemeinsam kämpfen können, gemeinsam in das Gefängnis gehen können, um gemeinsam für Freiheit aufzustehen mit dem Wissen, dass wir eines Tages frei sein werden.

 

Als in Südafrika nach dem Ende der Apartheid unter der Leitung des Bischofs Desmond Tutu so genannte ‚Wahrheits-Kommissionen‘ durchgeführt wurden, saßen an beiden Seiten eines Tisches Opfer und Täter aus jener schrecklichen Zeit vorher einander gegenüber. Sie hatten eine traumatische Belastung und eine schwierige Chance zugleich: sich in die Augen schauen zu können und zu wollen. Sie wussten, was auch Martin Luther King wusste: Der Traum von Frieden und Freiheit wird nur dann Wirklichkeit, wenn Menschen der Wahrheit ins Auge sehen.

 

Nicht immer sind Menschen bereit dazu. Die Bibel erzählt: Nach dem letzten Zusammensein am Tisch, in der Nacht vor Jesu Tod zog Judas durch, was er im Herzen beschlossen hatte, und lieferte Jesus an seine Verfolger aus. Einem anderen Jünger, Simon Petrus, sagte Jesus voraus, dass dieser ihn in der Nacht dreimal verleugnen wird, bevor der Hahn am Morgen kräht.

 

Am Tisch der Wahrheit sitzen, birgt eine große Chance: nicht auf dem eingeschlagenen alten Weg in die Nacht hinauszugehen, sondern seinen Sinn und seine Richtung zu ändern. Sodass ein neuer Tag anbrechen kann. Dazu braucht es Mut.

07.03.2018
Eberhard Hadem