Familie Petrus

Wort zum Tage
Familie Petrus
18.03.2016 - 06:23
11.01.2016
Pfarrer Jörg Machel

„Pfarrers Kinder Müllers Vieh gedeihen selten oder nie.“ So sagt der Volksmund, in die heutige Sprache übersetzt heißt das, Pfarrerskinder entwickeln sich aussergewöhnlich gut oder es geht gründlich schief mit ihnen. Nicht wenige Pfarrerskinder würden das Eheverbot, das für katholische Priester gilt auch bei den Protestanten begrüßen. Familie und Pfarramt funktionieren nicht zusammen, das ist ihre Erfahrung. Für alle Menschen hatte der Vater Zeit, nur für die eigenen Kinder nicht, so klagen nicht wenige Pfarrerskinder. Sie blieben mit ihren Bedürfnissen auf der Strecke.

 

Als Petrus durch Jesus in die Jüngerschaft berufen wurde, war er bereits verheiratet. In der Bibel steht, dass Jesus die Schwiegermutter des Petrus vom Fieber heilte. Und dass ihn seine Frau auf den Missionsreisen begleitete, plaudert der Apostel Paulus aus. Mit leicht ironischem Unterton übrigens. Der ehelose Paulus fand, dass seine Lebensweise besser zu der Berufung als Apostel passt.

 

Etwas verallgemeinert kann man fragen, ob jemand in verantwortlicher Stellung ein brauchbarer Familienmensch sein kann? Dann kommen vielleicht auch Chefärzte, Konzernlenker, Politikerinnen ins Grübeln. Wie soll jemand, der ganz für seinen Job da sein will, auch noch für die Menschen an seiner Seite da sein?

 

Doch ich wende ein: Welch ärmliche Existenz führt jemand, der nur für den Job da ist? Um ein erfülltes Leben zu führen, braucht es mehr als Pflichterfüllung und Erfolge im Beruf. Wer im Leben nichts anderes ist als Chef oder Chefin, dem fehlt entscheidendes. Papst Franziskus ist aus seiner päpstlichen Residenz in eine Wohngemeinschaft gezogen, um nicht ganz von der Normalität des Lebens abgeschnitten zu sein.

 

Was wäre Martin Luther ohne seine „Käthe“, ohne Katharina von Bohra? Ganz sicher wäre er nicht zu dem Reformator geworden, den wir kennen. Nicht nur, dass er selbst von seiner Frau schwärmt und sich gelegentlich kokett unter ihren Pantoffel stellt; auch seine Zeitgenossen loben diese umsichtige Hausherrin in überschwänglicher Weise. Hinter den berühmten Tischgesprächen steht ein funktionierender Hausstand. Die bildhafte Sprache Luthers erwächst aus einem gesättigten Leben, mit all den Freuden und Sorgen des Alltags.

 

Paulus lobt sich selbst dafür, dass er ganz für sein Apostelamt da war. Ich bezweifle, dass er damit richtig liegt. Wer ganz und gar in seiner Berufung, in seinem Beruf aufgeht, der geht sich selbst und anderen verloren.

11.01.2016
Pfarrer Jörg Machel