Handicap und Hilfe

Wort zum Tage
Handicap und Hilfe
26.02.2018 - 06:20
11.01.2018
Pfarrerin Angelika Scholte-Reh
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Wer Maria Unger begegnet, sieht zuerst ihr gewinnendes Lächeln und spürt ihre herzliche Art. Voller Wärme begegnet sie den Menschen und ist für viele eine geduldige Zuhörerin und gern gesehene Gesprächspartnerin. Sie engagiert sich im Besuchsdienst im örtlichen Altenheim. Einmal in der Woche ist sie für ein paar Stunden dort. Das ist ihr mit ihren 73 Jahren wichtig. Sie möchte gerne für andere da sein.

Wenn sie von ihrem Platz aufsteht und losläuft, humpelt sie. Immer schon hat sie eine schiefe Hüfte und verdrehte Füße. Als Kind ist sie viele Male operiert worden. Geblieben ist ihre Gehbehinderung. Seit Jahren ist sie nun wieder auf Gehhilfen oder einen Rollator angewiesen.

 

Irgendwann sitzen wir bei einer Tasse Tee in ihrem Wohnzimmer. Sie erzählt von den vielen Krankenhausaufenthalten, von der kindlichen Einsamkeit, von ihrem Vater, der sie immer wieder im Zorn abfällig „Krüppel“ nannte, von ihrer Durchhaltekraft und ihrem Willen, ihren eigenen Weg zu gehen. Sie wurde Chemikerin und hat viele Jahre in diesem Beruf gearbeitet. Sie hat geheiratet und vier Kinder bekommen, trotz der schweren Geburten. Heute ist sie eine stolze und dankbare Großmutter einer ganzen Enkelschar.

 

Wie hat sie all das Schwere ertragen und ist so ein lebensbejahender Mensch geworden?

Sie deutet auf ihre Konfirmationsurkunde, die schön gerahmt an der Wand hängt. Darauf steht unter dem Bild ihrer heimischen Dorfkirche ihr Konfirmationsspruch.

„Mein Pfarrer“, sagt sie lächelnd, „hat damals gesehen, dass ich klug bin und gerne lerne. Er hat mich immer gefördert. Und als wir dann konfirmiert wurden, hat er mir diesen Konfirmationsspruch mit auf den Weg gegeben: ‘Lass Dir an meiner Gnade genügen, denn meine Kraft ist in den Schwachen mächtig.‘ (2. Korinther 12,9) Das wurde mein Lebensmotto. Wenn ich mich schwach fühle, wenn die Schmerzen wieder mal an mir zerren, dann denke ich: Jesus hat das auch ertragen. Und wenn ich nicht mehr weiterweiß, gibt Gott mir die Stärke, weiterzumachen.“

Ich höre zu und bewundere, wie sie mit ihren Einschränkungen lebt, für andere da ist und ihnen mit ihrem Glauben und ihrer Lebensfreude hilft und Hoffnung gibt. Aus ihrer Behinderung ist eine Stärke geworden, mit der sie viele Menschen beschenkt. Sie selbst würde sagen: Das hat Gott mir durch seine Hilfe möglich gemacht.

11.01.2018
Pfarrerin Angelika Scholte-Reh