Rosé trocken

Wort zum Tage
Rosé trocken
04.01.2017 - 06:23
29.12.2016
Pfarrerin Kathrin Oxen

Sechs Flaschen Sekt meiner Lieblingssorte. Rosé trocken einer bekannten ostdeutschen Sektkellerei. Schon vor Weihnachten gab es sie günstig im Supermarkt. Ich dachte an Silvester und habe gleich einen ganzen Karton voll mitgenommen. Aber dann wollte jeder doch nur einen Schluck zum Anstoßen und fünf Flaschen Sekt sind leise klimpernd im Kofferraum wieder nach Hause gefahren.

Die hat Sorgen, denken Sie jetzt vielleicht. Das ist doch ein Luxusproblem. Das stimmt. Aber ich bin nicht die erste, die sich Sorgen um zu viel alkoholische Getränke machen muss.

In der Bibel wird eine Geschichte davon erzählt. Nicht zu viel Sekt, sondern viel zu viel guter Wein ist das Problem. Und das kam so: Jesus war auf einer Hochzeit eingeladen. Der Wein drohte auszugehen. Irgendjemand flüsterte das Jesus ins Ohr und plötzlich waren sechs große Wasserkrüge voller Wein. 600 Liter waren das. Sie können es unmöglich alles an dem Abend noch ausgetrunken haben.

Das war das erste Wunder Jesu. Ein Luxuswunder, könnte man sagen. Nicht für die Armen und Kranken, sondern für fröhlich Feiernde hat Jesus dieses Wunder getan. Der Wirt hat als einziger gemerkt, dass da plötzlich wieder etwas zum Ausschenken da war. Und auch, dass dieser Wein viel besser war als der, den sie bisher getrunken hatten. „Jedermann gibt zuerst den guten Wein, und dann wenn sie betrunken sind, den geringeren“ wundert er sich.

Der Mann versteht etwas vom Wein und auch von denen, die trinken. Er weiß, dass manchmal nur die Menge zählt und nicht die Qualität. Beim Wein und auch in manchem Leben. Immer nur die Frage nach dem Wie viel? und Wie lange? statt der Frage nach dem Was? und dem Wie?

Als Jesus sich zum ersten Mal zeigt, als Gast auf einer Hochzeit, herrscht keine Not. Hungrig ist keiner mehr und zu trinken haben auch schon alle gehabt. Aber was, wenn es jetzt nichts mehr geben würde? Im Boden des Bechers blickt ihnen schon wieder ihr Alltagsgesicht entgegen.

Jetzt ist der gute Wein da. Mit Jesus kommt das gute Leben. Und keiner merkt es außer einem. Jesus sorgt dafür, dass das Fest nicht endet. Ein Wunder mitten in der Fülle des Lebens, nicht an seinen Rändern. Und die Unterbrechung des Alltags dauert an. 600 Liter Wein von gehobener Qualität. Ein Vorgeschmack auf das gute Leben.

Und was machen sie nun damit? Dasselbe, was ich mit meinen fünf Flaschen Sekt machen werde. Nach und nach austrinken und sich daran freuen. Oder bei jeder Gelegenheit verschenken.

29.12.2016
Pfarrerin Kathrin Oxen