Vom Tod wissen

Wort zum Tage
Vom Tod wissen
21.11.2017 - 06:20
01.11.2017
Pfarrerin Angelika Scholte-Reh
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Wie wird das sein, wenn wir sterben? Es gibt Menschen, die etwas davon erlebt, die einen Blick über die Schwelle geworfen haben, zurückgekehrt sind ins Leben und eine neue Einstellung zum Leben mitgebracht haben.

 

Eva Strittmatter spricht von ihren Erfahrungen in einem Gedicht:

 

WELLE

 

Ich antipiziere den Tod.

Das Eingehn ins eigentlich Sein.

Ich hatte schon so ein Todesgrauen,

Nächte von solchem Außermirsein,

Dass meine Haare mir sternwärts standen,

So zog mich der Sog ins saugende Nichts,

Bis rasend die Ängste zu Wirbeln sich wanden,

Urnebel. Dann: Geburt des Lichts.

 

Jetzt weiß ich: Sterben wird morgendlich sein,

Ein Heben der Welle ins gleißende Meer.

Eintauchend werde ich: "Leben!" schrein.

Denn nun tötet mich keiner mehr.

 

Den Tod vorwegnehmen, Gott begegnen, da jenseits der Todesschwelle, sich der Angst stellen. Schön ist der Tod nie. Eva Strittmatter spricht vom Todesgrauen, vom Sog und der Angst vor dem Nichts, und von ihrer Erfahrung, wie hinter der Angst und dem chaotischen Durcheinander Neues kommt. „Geburt des Lichts“ schreibt sie, auf der Suche nach Worten, die das Unbeschreibliche aussagen. Was ihr nach der Begegnung mit dem Tod bleibt, ist eine neue Lust am Leben und eine innere Unabhängigkeit. Sie ist – wie sie das sagt – dem „eigentlichen Sein“ begegnet und schreibt: „Sterben wird morgendlich sein“, wie das Aufwachen an einem neuen Tag, und wie das Eintauchen „der Welle ins gleißende Meer“, wie Aufgehen in einem größeren Sein.

 

Über den Tod nachdenken. Zu meinem Leben als Pastorin gehört das dazu. Über den Tod sprechen. Das ist in unserer Gesellschaft eher ein Tabu.

 

Wie wird das sein, wenn wir sterben? Mich berühren die Wortbilder dieses Gedichtes, weil sie originell und voller Zuversicht sind. Der Tod ist bedrohlich, was danach kommt ist hoffnungsvoll, ein neuer Anfang, ganz anders, eigentlich. Der Apostel Paulus beschreibt das so:

 

„Das Leben, das hier auf der Erde gesät wird, ist vergänglich. Aber das Leben, zu dem wir auferweckt werden, ist unvergänglich!“ (1. Korinther 15,42)

 

Ich schöpfe daraus die Zuversicht, dass wir dann, wenn wir gestorben sind, ganz neu lebendig sind und einer Wirklichkeit begegnen, die wir mit unseren Worten nur andeuten können. Sie wird größer und umfassender sein. als wir uns das vorstellen können, unvergänglich und wunderbar.

 

Eintauchend werde ich: „Leben!“ schrein.

Denn nun tötet mich keiner mehr.

01.11.2017
Pfarrerin Angelika Scholte-Reh