Befreites Lachen

Befreites Lachen
Pfarrer i.R. Alfred Buß
02.04.2016 - 23:20

Viele Menschen des öffentlichen Lebens sind in diesem Jahr schon gestorben. Auffallend viele. Aber zuerst erzähle ich eine andere Geschichte. Von Eddy, the eagle. Dem schlechtesten Skispringer aller Zeiten. Und Teilnehmer der olympischen Winterspiele im kanadischen Calgary 1988. Eddy, der Adler. Ich habe keinen blassen Dunst mehr, wer damals die Goldmedaille gewann. Aber Eddy, der Adler, hat sich mir eingeprägt. Weil ich aus vollem Herzen über ihn lachen konnte. Den bitterernsten Sportbetrieb nahm er auf die Schippe.

 

Eddy – weitsichtig und deshalb mit einer Art Schnapsglasbrille ausgestattet – wurde Kult. Jetzt ist seine Geschichte im Kino, seit zwei Tagen. Michael Edwards – so heißt Eddy im alltäglichen Leben – machte seinen Kindertraum wahr: Einmal an den olympischen Spielen teilnehmen. Eigentlich aussichtslos – bei seinem begrenzten sportlichen Talent. Aber – pfiffigerweise – trainierte der Engländer Skispringen im Land ohne Berge, sprang bei den Nordischen Skiweltmeisterschaften halb so weit wie der Sieger, wurde Letzter – aber war nun Inhaber des britischen Rekordes.

 

Was wir von Eddy lernen können

Klar, es gab ja keinen britischen Wettkampf-Springer – außer ihm. Nun war er bei Olympia, mitten in der Glitzer- und Siegerwelt. Und wagte dort Mäusesprünge. Die Zuschauer bangten nicht um deren Weite, sondern zitterten mit, dass er heil ankam. Erkannten sich selber wieder in Eddy. Ich auch. Wer ist schon immer auf der Siegerstraße und kommt auf Medaillenränge, ob im Sport, in der Schule oder in der Arbeitswelt? Niederlagen gehören zum Leben.

 

Das führte Eddy, der Adler, vor – mitten im "Größer, Schneller, Mehr" von Olympia. So sprang er sich in die Herzen der Menschen. Eddy, the eagle – das ist Hinschlagen und Aufstehen, wieder Hinschlagen und wieder Aufstehen, Hinschlagen, aber Festhalten am Lebenstraum. Ihm flogen die Herzen der Menschen zu im Mitzittern und Mitfreuen – unter befreitem Lachen. Doch warum kommt Eddys Geschichte jetzt in die Kinos, nach fast 30 Jahren?

 

Unsere Zeit braucht wohl solche Narren. Als Gegenbild. Zur absurden Wirklichkeit: mit gekauften Fußballweltmeisterschaften, gedopten Spitzensportlern, und Sport als Spielball der Politik. Noch mehr braucht unsere Zeit das befreite Lachen. Das mitzittert und sich mitfreut. Als Gegenbild zu Fanatismus, Terror und Angst. Klar werde ich den Film jetzt anschauen. Und dabei lauschen, ob das befreite Osterlachen darin widerhallt, das Menschen seit 2000 Jahren bewegt. Christus wurde hingeschlagen ans Kreuz und ist auferstanden von den Toten.

 

Der selber Niedergeschlagene aufrichtete, lebt. Gott wird die Welt heilen, wird alle Tränen abwischen. Der Verstorbenen aus dem öffentlichen Leben, der von bei uns nebenan wie all der Opfer von Krieg, Terror und Flucht. Leid wird nicht mehr sein noch Geschrei, noch Schmerz oder Tod. Wer das im Herzen hat, kann doch nur befreit lachen. Fanatiker und Machtbesessene können nicht lachen, vor allem nicht über sich selbst. Das hat diese Woche wieder anschaulich gezeigt: Erdowie, Erdowo, Erdogan. Darum vergessen Sie nie: Wo Glaube ist, da ist auch Lachen. Befreites Lachen.