Das 24 Stunden Zeitgeschenk

Das 24 Stunden Zeitgeschenk
Pastorin Elisabeth Rabe-Winnen
28.10.2017 - 23:40
21.12.2016
Elisabeth Rabe-Winnen

Ein Tag frei. Für alle. Am Dienstag, liebe Zuschauerinnen und Zuschauer. Der Reformationstag ist in diesem Jubiläumsjahr der Reformation in ganz Deutschland Feiertag. Ein Tag frei. 24 Stunden extra.

Wenn plötzlich eine Lücke im Kalender klafft, so ein Zeitgeschenk, dann denken viele - also mir geht das jedenfalls so - : Oh! Super! Nutze ich, um etwas zu machen, das ich schon längst tun wollte. Aber wissen Sie was: wie wäre es, wenn wir am Reformationstag mal eine Weile gar nichts tun .... ?!?! Und so - vielleicht - die lutherische Botschaft der Freiheit am eigenen Leib spüren.

Die evangelische Kirche feiert 500 Jahre Jubiläum, weil Luther etwas neu für sich entdeckt hat. Und das hat sein Leben verändert.

Er fand Worte in der Bibel. Worte wie diese:

„So halten wir nun dafür, dass der Mensch gerecht wird ohne des Gesetzes Werke, allein durch den Glauben.“

Luther las diese Worte auf ein Mal ganz neu.

Das hat sein Herz befreit.

Und er dichtete:

„Darum auf Gott will hoffen ich,

auf mein Verdienst nicht bauen.

Auf ihn mein Herz soll lassen sich

und seiner Güte trauen.“

 

Das klingt ganz anders als „Ökonomisierung“, „Optimierung“, „Erschöpfungssyndrom“, „Burn Out.“

Für mich heute heißt das, was Luther entdeckte, so:

Du musst nichts tun, um den Himmel zu verdienen. Du bist schon gut genug. Du bist frei zu leben. Ohne den Druck, Dich selbst zu entwerfen. Du bist frei, einfach Du zu sein. Du bist wie Du bist. Und genau so liebt der Himmlische Dich. Und das spürst Du, wenn Du vertraust. Du musst nichts dafür tun.

Nichts tun.

Ist nicht so leicht wie‘s klingt.

Denn man muss das auch aushalten.

Sich gefallen lassen, dass es in Ordnung ist, gerade nichts zu tun. Ohne schlechtes Gewissen.

Der „Tyrannei der Möglichkeiten“ entfliehen.

Ich versuch das, am Reformationstag: wirkliches Nichts-Tun auszuhalten.

Meine Erfahrung ist: Wenn ich es schaffe, dann - bin ich mir auch schon selbst begegnet. Und sehe mich und schaue auf mein Leben, das da rauscht. Ich treffe in dieser Ruhe manchmal auch Gott. Und rede mit Ihm darüber, was gerade ist und was unfertig ist in mir und wohin ich hoffe. Und glaube Ihm, wenn Er mir sagt: Du bist gut. So wie Du bist. Und egal, was ist.

Ein Tag extra. Für die Christen ein Tag zum Feiern. Nicht nur für die evangelischen. Es wird ökumenisch gefeiert. Auf Marktplätzen und in Kirchen. Die evangelische und katholische Kirche sind - 500 Jahre nach dem Beginn der Trennung - auf einem gemeinsamen Weg.

Ich werde nächsten Dienstag in den Gottesdienst gehen. Und danach werde ich das versuchen: Mal eine Weile nichts zu tun.

21.12.2016
Elisabeth Rabe-Winnen