Das Wort zum Sonntag: "Werden wie die Kinder"

Das Wort zum Sonntag: "Werden wie die Kinder"
Pfarrer i.R. Alfred Buß
26.07.2014 - 22:15

"Eine Frage werden Sie in den nächsten Wochen garantiert zu hören bekommen, von Nachbarn, Kolleginnen, Freunden: "Na, wie war der Urlaub?" Es ist Ferienzeit.

Ich war noch gar nicht in Urlaub. Aber diese Frage nervt mich schon jetzt. Wenn ich wiederkomme, muss es schön gewesen sein. Perfekt. Geradezu paradiesisch. Schließlich liegen die dann kostbarsten Wochen des Jahres hinter mir.

Urlaub bringt Erholung und Glück. So wird’s von allen erwartet.

„Na, wie war der Urlaub?“

 

Klar ist Urlaub schön. Raus aus der Tretmühle, Pflichten zurücklassen, dem grauen Alltag Lebewohl sagen. Urlaub ist Auszeit, Atempause, tun und lassen können, wonach einem der Sinn steht, Neues erleben. Allein der Gedanke daran lässt schon die Sonne aufgehen.

 

Aber Urlaub schafft kein Paradies. Die Welt wird im Urlaub nicht anders. Bilder von Hass und Gewalt lassen sich nicht lange ausblenden, ob aus Gaza, der Ukraine oder woher immer.

 

Und jede und jeder hat sich selber dabei. Mit all’ den Erwartungen und Sehnsüchten, die im Alltag liegenblieben.

 

Im Urlaub will ich mich endlich bewegen.

Will Zeit für meine Familie haben.

Und auch für Natur und Kultur.

Will endlich was lesen. Und was sehen von der Welt, von Land und Leuten.

Vor allem: Will ich endlich mal nichts müssen.

 

Und spüre dann: Es geht nicht. Das sind viel zu viele Erwartungen.

Unter der Hand wird daraus das unerfüllbarste Muss:

Es ist paradox und absurd:

Im Urlaub will ich endlich frei sein von dem, was mich knechtet im Alltag – und knechte mich plötzlich selber mit meinen Erwartungen an die freie Zeit.

 

Wie da rauskommen?

Wenn ihr nicht werdet wie die Kinder, sagte Jesus. Kind sein heißt: Ich darf einfach nur da sein. Ich muss nichts beweisen. Darf empfangen, was mir zufällt. Sonne, Wasser, Wind, Wolken, Luft, andere Menschen. Mich des Lebens freuen. Geschehen lassen. Kind sein - statt Knecht sein von Erwartungen und Ansprüchen.

 

Das mussten wir mit unserer Männercombo auch erst lernen. Jedes Jahr sind wir eine Woche lang mit dem Rad unterwegs. Anfangs hatten wir große Ansprüche und Erwartungen. Wollten unbedingt unsere Tagesziele erreichen. Da wurde jede Panne zum massiven Störfall. Mit viel Stress. Irgendwann haben wir einfache Regeln aufgestellt. Zum Beispiel: „Wir wollen nicht von A nach B. Wir wollen Rad fahren.“ Das schenkt Zeit. Und Gelassenheit. Oder: Was passiert, ist richtig. Also auch der Störfall - ist richtig. Gegen alles Lamentieren. Und jedes Mal, wenn wir vom Weg abkamen, gilt die schlichte Regel: „Wir wiederholen.“ Hilft gegen alle Schuldzuweisungen.

 

Und hinterher: „Na, wie war der Urlaub?“ Nein, nicht perfekt, auch mit Pleiten und Pannen. Wir haben geschehen lassen und empfangen, was uns zufiel. Deshalb ist jede Tour voller Erlebnisse. Und von denen erzählen wir dann - immer wieder. Wie sagte Jesus? Wenn ihr nicht werdet wie die Kinder...

 

Einen schönen Urlaub wünsche ich Ihnen. Und einen gesegneten Sonntag.