Heimat... (Auf der Suche)

Heimat... (Auf der Suche)
Das Wort zum Sonntag von Pfarrer Alfred Buß
03.10.2015 - 23:35

Die Geschichte werden Sie kennen: Ein Esel entflieht der Not. Auf seinem Weg trifft er bald einen Hund. Die beiden finden noch eine Katze. Zu Dritt begegnen sie einem aufgeregt krähenden Hahn. Der soll noch am selben Abend im Suppentopf landen. "Ei was, du Rotkopf", sagt der Esel zum Hahn, "zieh lieber mit uns fort, etwas Besseres als den Tod findest du überall“. Ihr Ziel heißt Bremen. Dort hoffen sie, dem Elend zu entkommen und Stadtmusikanten zu werden.

Was die Gebrüder Grimm im Märchen aufschrieben vor 200 Jahren, wurde bald Wirklichkeit. Bittere Armut, Hungersnöte und fehlende Zukunftsaussichten - in Deutschland - zwangen viele, die alte Heimat zu verlassen. Der Spielfilm - hier im Anschluss – wird das alles gleich nahebringen. Millionen Deutsche wagten die oft gefährliche Schiffsreise nach Übersee.

Wer macht das schon ohne Not? Nur mit dem Nötigsten aufbrechen, alles stehen und liegen, gar liebe Menschen zurück- lassen. Der Schub aufzubrechen, kann wohl nur aus verzweifelter Hoffnung kommen: Etwas Besseres als den Tod findest du überall.

Dabei ist Heimat, wenn man sie hat, etwas Wunderbares. Heimat kann man schmecken, riechen, hören, sehen - und darum, fühlen. Ich höre ein paar Wortfetzen in ostfriesischem Platt – und schon schmecke ich heimatliche Seeluft. Auch uriges Ruhrdeutsch läßt mein Herz aufgehen. Hier gehöre ich hin.

Heimat ist wie eine Mutter, sagten mir syrische Flüchtlinge dieser Tage. Offene Arme spüren, ohne Angst sein, dazugehören. Schlimm, wenn das einem nie vergönnt war. Und schlimm, fremd zu sein im eigenen Land, entwurzelt zu werden, vertrieben.

Hunderttausende kommen jetzt zu uns. Sie brauchen Wohnung, Arbeit, Sprachunterricht, Schulen... Dass wir ihnen neu Heimat geben, ihnen die Angst nehmen.

Doch sie bringen ihre Heimat auch mit. Alle haben ihre Wurzeln dabei – ihre Bräuche, Geschichten, ihre Sprache, Musik, ihren Glauben, auch ihre Kochkünste und Tänze.

Gemeinsam können wir lernen, in gegenseitigem Respekt und in Toleranz zu leben, was uns jeweils prägt und was wir glauben.

Das haben wir schon eingeübt hierzulande -zwischen Ost und West - und sind noch dabei. Konnten wir uns vorstellen vor 25 Jahren, dass aus dem Tag der deutschen Einheit so schnell auch ein Tag der deutschen Vielheit wird? Mit Risiken und großen Chancen.

Doch nimmt der Esel den Mund nicht auch zu voll? Etwas Besseres als den Tod findest du eben nicht überall. Flüchtlinge ertrinken nicht nur im Meer, sie stoßen auch auf Abwehr, Hass, Stacheldraht und Aggression.

Diese zerrissene Erde kann nicht letzte Heimat sein. Die Bibel erwartet eine Welt, in der Gerechtigkeit wohnt. Ohne Leid, Geschrei, Schmerz und Tod. Etwas Besseres als den Tod findest du nicht überall – aber bei Gott.

Gott wird abwischen alle Tränen von ihren Augen. Wer dahin unterwegs ist, fängt hier und jetzt schon damit an.