höher, besser, unvergänglicher?

höher, besser, unvergänglicher?
Pfarrer Benedikt Welter
06.08.2016 - 22:30

Einen schönen guten Abend, verehrte Damen und Herren.

Fiebern Sie mit? Jubeln Sie mit?
Olympisch – meine ich.

Bei vergangen Spielen habe ich mir schon mal den Wecker gestellt, um einen Wettkampf live im Fernsehen mitverfolgen zu können. Mit einem Athleten mitfiebern, Stadionatmosphäre erleben – wenn auch nur aus der Ferne – das hat was. Doch irgendwie hat sich mein olympisches Fieber abgekühlt. Obwohl ich es immer noch bewundere, wenn Athletinnen und Athleten auf den Punkt fit sind und in ihrem Sport das Beste aus sich rausholen. Ja, und die Geschichten hinter den Menschen, die da ums Edelmetall kämpfen... Auch das gehört zu Olympia. „Dabei sein ist alles.“

Aber: Wobei ist man eigentlich „dabei“?

Bei einer gigantischen IOC-Karawane, die ohne Rücksicht auf Verluste durch die Erdteile zieht? Bei einem großartig inszenierten Hase-und-Igel-Spiel, bei dem das Doping immer schneller ist als die Fairness? Bei Menschen mit Tunnelblick, der drei Wochen lang alles ausblendet, was rechts und links der Rennbahnen in Brasilien geschieht? Immer konzentriert auf sportliche Höchstleistungen …

Irgendwie fühle ich mich zwischen Olympiafieber und Olympiaernüchterung.

Einen Moment für die Ewigkeit! nennen manche eine besondere sportliche Leistung gerne. Wie wäre es, diesen Moment für die Ewigkeit mal nicht auf dem Siegertreppchen zu sehen; sondern darin, dass sich nebendran was ändert:

- dass Kinder, die am Strand an der Copacabana leben, auch Schwimmen lernen – was ihnen zurzeit unmöglich ist;

- dass Straßenhändler rings um die Stadien ihrem Broterwerb nachgehen dürfen – bei der Fußball-WM vor zwei Jahren war es ihnen verwehrt;

- dass Jugendliche ihre Zukunft selbst in die Hand nehmen können, statt Müllkippen als Lebensraum erkunden zu müssen.

Es gibt da in Brasilien eine andere Art von Wettlauf; das katholische Hilfswerk ADVENIAT und viele Partner hier in Deutschland und drüben im Land engagieren sich da mit vielen Projekten unter der Überschrift „Rio bewegt. Uns“. Kein Tunnelblick auf das Höher, Schneller, Weiter; sondern ein aufmerksamer Blick auf das „Wirkungsvoller“.

„Rio bewegt.Uns“ soll mit seinen Projekten das Leben der Menschen vor Ort verbessern; dazu werden auch Partner aus dem großen Sportsbetrieb gesucht. Es könnten mehr sein, als bis jetzt schon mitmachen. Mir scheint, da gibt mancher gnädig seine Unterschrift auf einer Presseerklärung; und die „Gutmenschen“ von den Kirchen sollen dann ihr Ding machen. Damit das Große Ding ungestört und ohne schmutzige Finger durchgezogen werden kann.

Ich finde klasse, was ADVENIAT und andere da unternehmen mit „Rio bewegt.Uns“. Das hat was mit meinem alten Sportsfreund, dem Apostel Paulus zu tun:

»Wisst ihr nicht, dass die Läufer im Stadion zwar alle laufen, aber dass nur einer den Siegespreis gewinnt? Lauft so, dass ihr ihn gewinnt!« (1 Kor 9, 24) »Jene tun dies, um einen vergänglichen, wir aber, um einen unvergänglichen Siegeskranz zu gewinnen.«

DAS sind Momente für die Ewigkeit. DAS ist ein »unvergänglicher Siegespreis«: Wo der Wettkampf auf ein besseres Leben für andere zielt.

Vielleicht nimmt die eine oder andere Athletin, nimmt der eine oder andere Athlet noch dort in Rio die Einladung von ADVENIAT an und beteiligt sich auch an diesem Wettkampf. Dann hätten sie gewiss eine unvergängliche Medaille verdient. Auf einem anderen Siegertreppchen; auf dem würden sie zusammen mit denen stehen, die trotz Olympia ein Mehr an Lebensqualität gewonnen haben.

Einen guten olympischen Sonntag wünsche ich Ihnen.