Vor dem Kreuz

Vor dem Kreuz
Fassungslosigkeit: Das Flugzeugunglück in den französischen Alpen.
28.03.2015 - 23:05

Das Bild da ist schrecklich, hat jemand zu mir gesagt, so düster und verwackelt. Ja, man kann ahnen, das soll ein Kreuz sein, mit dem Gekreuzigten dran. Aber es wirkt so bedrückend, furchtbar.

 

So wie die beherrschende Nachricht in dieser Woche: 150 Menschen sind bei dem Flugzeugabsturz in den französischen Alpen gestorben, die Hälfte davon Deutsche. Diese Katastrophe hat ihre  Angehörigen, Freunde und Kolleginnen in ein tiefes Dunkel gestürzt.

 

Es passieren so viele Katastrophen auf der Welt, daran haben wir uns schon fast gewöhnt -  schlimm!  Aber diese ist so nah: Der Flug ging nach Düsseldorf, viele sind die Strecke schon mal geflogen. Und fühlen mit den Angehörigen mit: Die haben ihr Kind, die Mutter, den Ehemann oder die Kollegin verloren. Und müssen jetzt auch noch aushalten: Das Ganze, dieser Absturz, ist wahrscheinlich mit Absicht geschehen.

 

So sind viele nach dem ersten Schock und der Trauer noch verzweifelter und wütend. In manchen Medien hat das zu einer regelrechten Hetzjagd geführt. Die ist völlig ungerechtfertigt und hilft niemandem. Und selbst wenn man irgendwann mehr weiß über die Motive und Hintergründe, selbst wenn die Sicherheitsstandards beim Fliegen noch weiter erhöht werden: All das bringt den Angehörigen ihre geliebten Menschen nicht zurück. Und hilft ihnen nicht  bei den quälenden Fragen: Warum ist das passiert? Warum musste mein Kind, mein Partner oder die Kollegin so sinnlos sterben?

 

Ich weiß nicht, was ich tun würde, wenn ich eins meiner Kinder oder meinen Mann bei diesem Absturz verloren hätte. Ich weiß es einfach nicht. Das alles ist ja noch viel schwerer, weil die Angehörigen immer im Blickfeld der Öffentlichkeit sind, selbst wenn versucht wird, sie abzuschirmen.

 

Ich weiß nicht, was ich tun würde. Vielleicht würde ich mich zuhause vor das Kreuz setzen, das bei uns an der Wand hängt. Da gehe ich manchmal hin, wenn ich verzweifelt bin. Ich zünde eine Kerze an und versuche eine Weile still auszuhalten, bei Jesus am Kreuz. Gerade jetzt in diesen Tagen vor Ostern denke ich daran: Auch Jesus hat schreckliches Leid erlebt. Er wurde im Stich gelassen, gefoltert, ja schließlich unschuldig am Kreuz umgebracht.

 

Ist das ein Trost? Da zu sitzen, selber verzweifelt, und Jesus zu sehen, der auch verzweifelt war, der sinnlos und qualvoll ums Leben gebracht wurde? Nein, es ist kein Trost. Der Schmerz und  die Trauer sind dadurch nicht weg. Und ich verstehe dadurch auch nicht, warum so etwas Schreckliches passiert.

 

Aber trotzdem hilft es mir irgendwie zu spüren: Ich bin nicht allein. Jesus hat auch ganz Schreckliches aushalten müssen. Und ich weiß: Er hat in seiner allergrößten Verzweiflung zu Gott geschrien und geglaubt: Gott hält ihn, egal, was passiert. Daran versuche ich mich zu halten und  will hoffen: Leid und Tod sind nicht das Letzte.

 

Das erhoffe und erbitte ich für die Toten des Absturzes. Und ich bete für ihre Angehörigen: Dass sie Wege finden für ihre Trauer. Und dass sie Menschen an ihrer Seite haben, bei denen sie Halt spüren.

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