Zu den Anschlägen von Paris

Zu den Anschlägen von Paris
Das Wort zum Sonntag von Pfarrer Dr. Wolfgang Beck
14.11.2015 - 22:30

Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer,

Entsetzen, Schock – und Trauer! Erneut trifft der Terror Paris. Den Ort, der das Symbol für das Leben freier Menschen ist. Eine Stadt, ja das ganze Land ist im Ausnahmezustand. Noch immer kommen neue Nachrichten und permanent die Frage, was ist zu tun, was ist angemessen?

Wie viele Andere fühle ich mich den Menschen in Paris nahe, vor allem denen, deren Angehörige und Freunde zu Opfern geworden sind.

Die Ereignisse in der gestrigen Nacht mit ihren Selbstmordattentaten, mit Geiselnahmen und erkennbaren Taktiken zeigen, es gibt bei den Tätern ein beängstigendes strategisches Vorgehen. Angesichts dieser Brutalität scheint mir das Agieren der französischen Politiker und auch von Verantwortlichen in anderen Ländern wie hier bei uns, bemerkenswert: sehr große Besonnenheit und, wie sich bislang sagen lässt, ruhiges und überlegtes Agieren.

Wichtiger als die Botschaften der Terroristen und religiösen Fanatiker ist deshalb: wir haben in unseren europäischen Demokratien sehr verantwortungsvolle und verlässliche Politiker. Hochachtung gegenüber Allen, die in der gestrigen Nacht entscheiden mussten, was zu tun ist!

Natürlich gibt es nun manche die zu Panik neigen oder sogar die Situation nutzen, um mit den bestehenden Ängsten Vorbehalte gegen Ausländer oder Muslime zu schüren. Es gilt deshalb, die Besonnenheit als eine der großen Stärken unseres Kulturkreises und unserer Demokratien wahrzunehmen. Wir lassen uns durch Gewalt und Terror nicht diese Kultur des guten Miteinanders nehmen. Wir genießen es, mit Karikaturen über uns selbst lachen zu können, sogar  über unsere Religionen. Wir kommen in großer Zahl zusammen, um beim Fußball, bei Konzerten oder bei anderen Veranstaltungen das Leben zu feiern. Und nicht zuletzt: Wir pflegen unsere Gastfreundschaft und Offenheit für Menschen in Not. Sich diese Kultur und die darin gezeigte und gefeierte Größe nehmen zu lassen, hieße, sich auf die Logik der Fanatiker einzulassen und ihnen erst dadurch den erhofften, langfristigen Erfolg zu bescheren.

Der Apostel Paulus hat einen für den christlichen Glauben wichtigen Satz formuliert: „Wenn ich schwach bin, dann bin ich stark!“ Das mag unerhört klingen. Noch einmal: „Wenn ich schwach bin, dann bin ich stark!“ Dieser Satz, dieser Gedanke bringt die Herausforderung auf den Punkt, die mit Gewalt und Anfeindungen immer verbunden ist: sich nicht auf die Logik von Gewalttätern und aggressiven Menschen einzulassen, sich nicht auf das plumpe Niveau dieses Denkens zwingen zu lassen – das ist die große Kunst und Herausforderung unserer Überzeugungen und der daraus erwachsenen Werte europäischer Demokratien. In Frankreich war es auch nach den Anschlägen gegen die Zeitschrift Charlie Hebdo und die jüdischen Einrichtungen und Geschäfte gelungen, sich die unbeschwerte französische Kultur zu erhalten. Das ist wirkliche Größe, von der wir in ganz Europa lernen können. Das ist eine Größe, von der Kanzlerin Merkel gesagt hat: „Wir wissen, dass unser freies Leben stärker ist, als jeder Terror!“

Deshalb lassen sie uns eng mit unseren französischen Nachbarn zusammen rücken, in stillem Gebet für die Opfer, in Verbundenheit mit allen, die sich sorgen und ängstigen, aber auch mit dem Mut derer die sagen: das macht ihr nicht mit uns.

Ihnen eine gute Nacht!