Die evangelische Kirchengemeinde Büren-Fürstenberg - Pfarrbezirk Wewelsburg

Die evangelische Kirchengemeinde Büren-Fürstenberg - Pfarrbezirk Wewelsburg

 

„Schwarz - Münster - Paderborn“: So steigern manche Westfalen das Wort „schwarz“. Schwarz, das steht dabei für durch und durch römisch-katholisch. Und genau das ist das Paderborner Land. Die evangelische Kirchengemeinde Büren-Fürstenberg ist also eine richtige Diaspora-Gemeinde. Mit 5600 Gemeindegliedern auf 355 Quadratkilometern ist sie flächenmäßig die größte evangelische Gemeinde in ganz Westfalen.

 

Nicht freiwillig ins Paderborner Land gekommen

Zum Pfarrbezirk II - Wewelsburg - gehören sechs Ortschaften: Wewelsburg, Ahden, Brenken, Steinhausen, Niederntudorf und Oberntudorf. Bis Anfang 1945 gab es nicht mehr als fünf evangelische Familien, die unabhängig von den Kriegs- und Nachkriegsereignissen hier ansässig waren. Durch Flucht und Vertreibung kamen nach 1945 jedoch in wenigen Jahren fast 1000 evangelische Menschen nach Wewelsburg und in die umliegenden Dörfer. Sie stammten überwiegend aus den ehemals deutschen Ostgebieten, vor allem Schlesien und Pommern, aber auch aus den Balkanländern, aus Polen und dem Baltikum. Was sie einte, war vor allem dies, dass sie nicht freiwillig ins Paderborner Land gekommen waren.

 

Die Aufnahme war nicht immer besonders herzlich, zumal die "Fremden“ ja nicht nur aus dem fernen Osten, sondern auch noch mit dem "falschen“ Glauben kamen. Für den Anfang kamen sie in den Baracken des ehemaligen Konzentrationslagers (KZ) Niedernhagen am Rand von Wewelsburg unter, einer Außenstätte des KZs Buchenwald. Hier waren während der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft rund 3.900 Häftlinge - sogenannte Bibelforscher (Zeugen Jehovas), politische Häftlinge, Roma, Homosexuelle, Juden, Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter aus Polen, der Sowjetunion, der Tschechoslowakei, Frankreich, den Niederlanden und Belgien - untergebracht gewesen. Erst Mitte der 50er Jahre entstanden mit der Waldsiedlung die ersten eigenen Häuser der evangelischen Bevölkerung.

 

Pfarramt im ehemaligen "Führerhaus"

Kirchlich wurde Wewelsburg lange Zeit von Büren aus betreut. Seit 1946 öffneten die katholischen Gemeinden in Niederntudorf und Wewelsburg zweimal monatlich sonntags um 15 Uhr ihre Kirchen für die evangelischen Gäste, seit 1950 auch in Ahden und Brenken. Auf der Suche nach einem eigenen evangelischen Gemeindezentrum in Wewelsburg kam im April 1951 das "Führerhaus I“, die "Villa Bartels“ ins Gespräch. Dieses Gebäude hatte der Architekt Bartels, der im Auftrag des SS-Chefs Heinrich Himmler die Wewelsburg zur SS-Kultstätte und zu einer Art "Zentrum der Welt“ ausbauen sollte, für sich und seine Familie von Häftlingen des KZs Niedernhagen in den Jahren 1939 bis 1942 errichten lassen.

 

Fünf Jahre nach den ersten Überlegungen wurde das Grundstück mit Wohnhaus, Garage und Remise vom Land Nordrhein-Westfalen erworben. Am Erntedankfest 1956 konnte der erste Gottesdienst im heutigen Kirchsaal gefeiert werden. 1957 wurde eine zweite Pfarrstelle in der evangelischen Kirchengemeinde Büren eingerichtet; Wohn- und Dienstsitz des Pfarrers wurde das Gemeindezentrum, die ehemalige "Villa Bartels“.

 

"Überwinde das Böse mit Gutem“

In diesem historischen Gebäude als Gemeinde zusammenzukommen, ist für die Gemeinde bis heute Geschenk und Herausforderung zugleich. In ihrem Hören, Beten und Singen, Tun und Lassen weiß sie sich der Aufforderung des Apostels Paulus verpflichtet und versucht ernst mit ihr zu machen: "Lass dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit Gutem“ (Röm. 12, 21). In dieser Linie steht auch die Namensänderung des Hauses. Seit 2003 trägt das Gemeindezentrum in der Bodelschwinghstraße den Namen "Paul-Schneider-Haus“. Die von einem SS-Architekten geplanten und von Zwangsarbeitern erbauten Mauern erinnern seither an den "Prediger von Buchenwald“ genannten Paul Schneider, der für seinen Widerstand gegen das NS-Regime 1939 mit dem Leben bezahlte. Die Kirchengemeinde ist Mitglied der Paul-Schneider-Gesellschaft und viele Gemeindeglieder gehören dem Gedenktag 2.April. Verein wider das Vergessen und für Demokratie e.V.“ an, mit dem die Gemeinde zusammenarbeitet.

 

Almuth Reihs-Vetter, Pfarrerin