Portrait der Evangelischen Gemeinde deutscher Sprache in der Türkei (Istanbul)

Portrait der Evangelischen Gemeinde deutscher Sprache in der Türkei (Istanbul)

 

Die Evangelische Gemeinde deutscher Sprache in der Türkei ist über 160 Jahre alt. Kaufleute, die aus Deutschland nach Konstantinopel gekommen waren, gründeten hier im Jahr 1843 eine evangelische Gemeinde. Von Anfang an engagierte sich diese auf dem Gebiet der Sozialarbeit. Ihre Mitglieder gründeten das “Evangelische Asyl“, einen Verein, der Menschen unterstützte, die krank geworden oder neu nach Istanbul gekommen waren.

 

Aus diesem Verein ging später das Deutsche Krankenhaus (Alman Hastanesi) hervor. Außerdem eröffnete die Gemeinde im Jahr 1850 eine Schule in Beyoğlu, in deren Räumen heute die Wohnung des Pfarrers untergebracht ist. Das heutige Alman Lisesi ist ein Nachfolger dieser Schule. 1861 konnte die Evangelische Gemeinde schließlich ihre Kirche einweihen, welche über der Schule in Beyoğlu errichtet worden war. Zuvor waren - seit dem 16. Jahrhundert - evangelische deutschsprachige Gottesdienste in verschiedenen Gesandtschaftskapellen abgehalten worden.

 

Gemeindegebiet ist die gesamte Türkei

Da das Gemeindegebiet die gesamte Türkei umfasst, gibt es neben Istanbul auch einmal im Monat auch in Ankara ein Treffen. Für die Südküste der Türkei hat der ökumenische St. Nikolaus-Kirchenverein die Arbeit mit den deutschsprachigen Christen übernommen. 

 

Bis heute liegt das Zentrum der Gemeinde mit der Kirche in Beyoğlu. Hier lädt die Gemeinde ein zum Gottesdienst, hier treffen sich die Gemeindekreise, hier die Konfirmandinnen und Konfirmanden unterrichtet. An Gemeindeabenden finden Vorträge zu christlichen und gesellschaftlichen Themen statt und zu vielen Gelegenheiten im Jahr feiert die Gemeinde kleinere und größere Feste. Außerdem werden regelmäßig (christliche) Reisegruppen empfangen, die die Gemeinde besuchen.

 

Für die Sozialarbeit in der Gemeinde eine Diakonin zuständig. Sie kümmert sich im Rahmen der Ökumenischen Initiative Sozialarbeit mit Besuchen und finanzieller Unterstützung um alte und kranke Menschen und organisiert regelmäßige Senioren- und Frauen-Treffen. Zur Arbeit der Gemeinde gehört manches Mal auch die unkomplizierte Hilfe für einzelne in Not geratene Touristen.

 

Freiwilligkeitsgemeinde mit hoher Fluktuation

Besonders wichtig ist die Zusammenarbeit mit anderen Gemeinden und Kirchen in Istanbul. Mit den drei deutschsprachigen Gemeinden gibt es regelmäßige ökumenische Gottesdienste und einen gemeinsamen Seelsorge-Konvent. Die Gemeinde beteiligt sich an der Arbeit des Istanbul Interparish Migrants Project (IIMP). Die Pfarrerin der Gemeinde vertritt zudem die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) an den Patriarchaten und Bischofssitzen in der Türkei.

 

Die Gemeinde trägt sich finanziell zum großen Teil selbst. Anders als in Deutschland ist man bei hier als getaufter Christ jedoch nicht automatisch Mitglied: Die Evangelische Gemeinde deutscher Sprache in der Türkei ist eine Freiwilligkeitsgemeinde. Möchte man Mitglied werden, kann man mit einem Aufnahmeantrag beitreten.

 

Einige der Mitglieder arbeiten in der Türkei als Lehrerinnen und Lehrer, repräsentieren deutsche Firmen oder vertreten staatliche Einrichtungen. Diese Mitgliedergruppe ist nur für eine begrenzte Zeit hier. Dies führt zu einer hohen Fluktuation: Jedes Jahr verlassen fast 20 Prozent der Mitglieder die Gemeinde. Zudem gehören Menschen zur Gemeinde, deren Ehepartner aus der Türkei stammt und die daher auf Dauer in der Türkei leben. Außerdem gibt es noch einige wenige Mitglieder, deren Familien seit der Gründung der Gemeinde im 19 Jahrhundert in Istanbul leben. Mit ihrer Arbeit möchte die Gemeinde all ihren Mitgliedern ein Stück Heimat bieten.