Danke wofür?

Danke wofür?
Pfarrerin Dr. Stefanie Schardien
11.05.2019 - 23:35
06.05.2019
Dr. Stefanie Schardien

Das Wort zum Sonntag

spricht Stefanie Schardien, Fürth

 

Sendedatum: 11.05.2019

Danke wofür?

Morgen wird mir gedankt. Für unermüdliches Butterbrote schmieren. Ich hab mal überschlagen: Mehr als 4000 dürften es schon gewesen sein und es kommen voraussichtlich noch einige tausend dazu. Mir wird gedankt dafür, dass ich Berge von Wäsche wasche, dass ich Pflaster klebe, Streit schlichte, von der Kita abhole und Trotztränen abwische: Ich bin allzeit bereit. 24/7 stand-by nennt man das heute: morgens, mittags, abends - gern auch mal nachts, Sonn- und Feiertage werden nicht extra berechnet. Das ist auch bei mir als Pfarrerin nicht anders. Morgen gibt’s ein Dankeschön für all das: Muttertag.

Ja, ich weiß, dass das natürlich alles irgendwie selbstverständlich ist. Und wer etwas zum Muttertag sagt, landet ja ohnehin ruckzuck in Schubladen: Mutti oder Emanze. Darum bin ich auch jedes Jahr ein bisschen unsicher, ob wir diesen Tag überhaupt so feiern sollen: Ist das eigentlich noch zeitgemäß, so ein offizieller Dank an die Mütter? Mein Mann und viele Väter die ich kenne, reiben sich ja heute auch total auf. Vergangene Woche hat ein lustig gemeinter Werbespot einer Supermarktkette einen heftigen Shitstorm kassiert, weil darin die Väter als komplette Erziehungsversager dargestellt werden. Muttertag ist eben hoch emotional. Nein, Mütter sind wahrlich auch nicht immer die Heldinnen. Auch daran denke ich: Wie fühlen sich die Kinder und Mütter, bei denen es gerade kracht im Miteinander? In den letzten Tagen war ich für meine Kinder mindestens auch dreimal - im Wortlaut - die „blöde Mama“. Bei Kindern verraucht das ja schnell wieder, aber wie oft höre ich als Pfarrerin von Erwachsenen, dass die Beziehungen zu ihren Müttern ganz schön kompliziert sind? Dann könnte so ein Dankeschön am Muttertag auch ziemlich aufgesetzt sein.  

Trotz alledem: Ich mag ihn auch, diesen Tag. Ich freue mich darauf, morgen ganz überrascht zu sein über das selbstgebastelte Geschenk meiner Kinder. Die letzten Wochen hab ich sehr genau darauf geachtet, wegzuschauen und wegzuhören, damit ich es nicht schon entdecke. Und umgekehrt mache ich als Tochter meiner Mutter auch gern eine Freude am Muttertag.

Der Erfinderin dieses Feiertags ging es ähnlich: 1907 in Philadelphia in den USA. Da hatte Anna Jarvis die Idee, ihrer verstorbenen Mutter zu danken. Also nahm sie 500 weiße Rosen und verteilte sie vor ihrer Kirche an andere Mütter. So ging das los.

Das passt richtig gut. Denn in der Kirche geht es ja auch immer wieder um das Danken für unser Leben. Für das Leben als Gottes Geschenk.

Ich höre in Gesprächen oft: Mein Leben ist, wie es ist. Ich bin dafür allein verantwortlich. Wofür soll ich da danken? Ich hab ja alles selbst in der Hand.

Nur: Ganz so ist es ja nicht. Ich hab mich nicht selbst geboren mit mehr oder weniger heftigen Wehen, hab mich nicht selbst gefüttert und gewickelt. Ich hab nicht allein gelernt, wie man anderen eine Freude macht, hab mich nicht selbst getröstet und nicht mit mir selbst diskutiert. Mein Leben - dass es ist und so wie es ist - verdanke ich zum riesigen Teil anderen. Auch Gott, glaube ich als Christin. Und bei den Menschen, da fällt mir und vielen besonders die Mutter ein. Andere denken vielleicht besonders an den Papa oder die Oma oder vielleicht auch an einen Paten oder eine Lehrerin.

Denen einmal wieder zu danken, denen ich mich verdanke. Darum geht’s.

Ich hoffe von Herzen, dass auch Sie morgen jemandem Danke sagen können - und ich wünsche Ihnen, dass Sie mindestens ein Danke hören.

Ihnen allen eine gesegnete Nacht.

06.05.2019
Dr. Stefanie Schardien