„Leben aus der Taufe“

Erlöserkirche in Detmold
„Leben aus der Taufe“
Gottesdienst aus der Erlöserkirche in Detmold
03.07.2016 - 10:05

Über die Sendung

Evangelisch-reformierter Gottesdienst aus der Detmolder Erlöserkirche am Markt - vor gut einem Jahr fand hier ein großes ökumenisches Tauffest mit 76 Taufen statt. Im Radiogottesdienst geht es heute um die Bedeutung der Taufe. „Eintauchen in Christus – Leben aus der Taufe“ – unter diesem Motto berichten u.a. eine Mutter von drei Kindern und ein junger Mann, der als Flüchtling nach Deutschland kam, über ihre Tauf-Erfahrungen. Die Predigt hält Superintendent Dieter Bökemeier, der auch Flüchtlingsbeauftragter der Lippischen Landeskirche ist. Predigttext am 6. Sonntag nach Trinitatis ist Römer 6,3-5.

Die musikalische Gestaltung übernehmen der Chor der Erlöserkirche unter der Leitung von Kantor Johannes Pöld und der Posaunenchor des CVJM Detmold unter Leitung von Rolf Hammann. Kantor Pöld spielt auch die wertvolle spät-barocke Orgel von Johann Markus Oestreich aus dem Jahr 1795.

Detmold ist eine beliebte Kulturstadt am Rande des Teutoburger Waldes und mit rund 76.000 Einwohnerinnen und Einwohnern das Zentrum im Kreis Lippe rund 30km östlich von Bielefeld. Die Erlöserkirche ist die älteste Kirche in der Detmolder Innenstadt. Sie steht mitten im Zentrum auf dem Marktplatz, weswegen sie im Volksmund auch Marktkirche genannt wird. Ihre heutige Gestalt wurde mit dem Bau des Turmes im Jahr 1592 abgeschlossen. Die Kirche war auch die Pfarrkirche des Fürstenhauses Lippe und spielte für die Reformation in diesem Land eine entscheidende Rolle. So wurde hier 1605 das erste reformierte Abendmahl Lippes gehalten. In dieser reformierten Tradition steht die Gottesdienstgestaltung bis heute.

 

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Predigt nachlesen

Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des heiligen Geistes sei mit uns allen. Amen.

 

Liebe Gemeinde, wir hören den Predigttext für den heutigen Sonntag. Er steht im Römerbrief, Kapitel 6. Ich lese die Verse 3-5 aus der Übersetzung der „Basisbibel“:

Paulus schreibt: Ihr wisst doch: Bei unserer Taufe wurden wir förmlich in Christus Jesus hineingetaucht. So wurden wir bei der Taufe in seinen Tod mit hineingenommen. 4 Und weil wir bei der Taufe mit ihm gestorben sind, wurden wir auch mit ihm begraben. Aber Christus ist durch die Herrlichkeit des Vaters vom Tod auferweckt worden. Und genauso sollen auch wir jetzt ein neues Leben führen. 5 Denn wenn wir ihm im Tod gleich geworden sind, werden wir es auch in der Auferstehung sein.

 

Paulus meint also. Bei unserer Taufe wurden wir förmlich in Christus Jesus hineingetaucht.

Hineintauchen: Wenn Paulus unseren Taufstein hier in der Kirche sehen könnte, an dem ich zu Beginn des Gottesdienstes stand, er würde sich ziemlich wundern: Das Becken fasst höchstens einige Liter Wasser, wie fast überall in unserer evangelisch-landeskirchlichen Tradition. Wie soll darin ein Mensch eintauchen?

Tatsächlich war die Taufe von ihrem Ursprung her eine Ganztaufe. Der ganze Mensch tauchte in das Wasser ein und wieder auf. Man sprach vom alten und vom neuen Menschen. Wer sich taufen ließ, war gleichsam „wie neu geboren“. Auch Jesus tauchte bei seiner Taufe ganz in den Jordan ein, haben wir eben gehört.

 

Später ab dem 4. Jahrhundert wurde daraus ein Übergießen mit Wasser, also eine symbolische Handlung.

Aber die Bedeutung bleibt. Die Berührung mit dem Wasser steht für ein Eintauchen in Christus, ein Eintauchen in das Leben, das von Christus geschenkt wird und von ihm geprägt ist.

 

Im letzten Jahr hatten wir hier in Detmold ein großes Tauffest – 76 Menschen wurden getauft, die meisten wurden symbolisch eingetaucht in diese Lebenskraft Christi.

Es war sehr bewegend. Viele hatten sich bewusst für diesen Tag entschieden. Für viele war es auch eine Gelegenheit, einen lange gehegten Wunsch umzusetzen, z.B. ihre Kinder taufen zu lassen.

 

Andrea war dabei. Sie hat ihre drei Kinder taufen lassen bei diesem Fest:

Für mich war es einfach wichtig, meine Kinder taufen zu lassen. Mir ist wichtig zu wissen, dass Gott sie kennt und annimmt.

Unsere Kinder haben jetzt auch mehr das Gefühl, von Gott beschützt zu werden. Ich habe ihnen das wirklich nach der Taufe angemerkt. Das Gefühl der Sicherheit war größer. Das ist mir wichtig. Und dazu schauen wir uns dann auch gerne die Taufkerzen zu Hause an.

Die Taufsprüche waren dabei für unsere Familie etwas ganz Besonderes. Für jedes Kind ein Satz aus der Bibel. Die Kinder haben sie sich selber ausgesucht. Noch einige Zeit nachher haben sie immer wieder darüber gesprochen. Unsere Jüngste fragt heute noch: „Wo ist jetzt gerade mein Engel?“ Denn ihr Taufspruch ist: „Gott hat seinen Engeln befohlen, dass sie dich behüten auf allen deinen Wegen.“

 

Ich glaube, genau das zeigt die Taufe. Da spüren wir das Wasser, wie es uns benetzt, umnetzt. Wir werden symbolisch eingetaucht in Jesus Christus. Und so zeigt uns die Taufe bildlich: Wir gehören zu ihm.

Das macht etwas mit uns. Die Kinder dieser Familie haben das instinktiv gespürt. Das Gefühl, da in Christus eingetaucht zu sein, hilft uns, zu leben. Vielen gibt es ein Gefühl von Geborgenheit und Zuversicht. Es tut gut, sich immer wieder daran zu erinnern, auch lange nach der Taufe.

Wie schrieb Paulus? Ihr wisst doch: Bei unserer Taufe wurden wir förmlich in Christus Jesus hineingetaucht.

 

 

Liebe Gemeinde,

Die Taufe: Eintauchen in Christus, Eintauchen in das Leben. Das ist ein einmaliges Versprechen, das am Anfang steht: Du bist jetzt mit Christus verbunden. Nichts kann dich von ihm trennen. Du bist nicht allein. Du wirst nicht untergehen, sondern wirst leben.

Manchmal stehen wir vor einer neuen Aufgabe oder vor einem neuen Schritt im Leben. Dann können wir uns genau daran erinnern. Das macht Mut.

Manchmal sehnen wir uns nach Geborgenheit. Dann tut es einfach gut, daran zu denken. Da ist das alte Tauffoto, ein Eintrag im Familienbuch, eine Taufkerze. Oder die Erinnerung an den Taufspruch, die wir hervorkramen. Es tut gut, sich mit Christus verbunden zu wissen.

Aber wir wissen auch: Getauft sein heißt nicht, alles wird rund laufen. So sehr wir es einem Kind oder uns selbst wünschen: Eintauchen in Christus, das ist leider nicht wie bei Siegfried im Nibelungenlied: Der tötete einen Drachen und das Drachenblut, in dem er dann badete, machte ihn unverletzlich.

Nein, Taufe ist kein Siegfriedschutzschild, Taufe schützt nicht grundsätzlich vor Unglück. Das weiß Paulus. Im seinen Gedanken zur Taufe spricht er auch von den schweren Erfahrungen Jesu, in die wir eintauchen: Er schreibt drastisch: So wurden wir bei der Taufe in seinen Tod mit hineingenommen.

Manche werden da an sehr persönliche Leiderfahrungen denken. An Krankheiten. An Abschiede. An schwere Enttäuschungen im Leben. Das ist das Leid, das wir mit Jesus teilen. Oder besser: das Leid, das Jesus mit uns teilt.

 

In der Taufe sind wir auch mit dem sehr menschlichen Jesus Christus verbunden, mit dem Jesus, der menschliches Leid geteilt hat.

Und das hilft. Dazu noch einmal Andrea, die Mutter der drei getauften Kinder:

Mir ist natürlich klar, dass es auch Leid im Leben geben kann, trotz der Taufe. Da bin ich Realistin. Aber es ist mein Glaube an Gott, dass er uns Kraft geben wird, auch wenn es mal schlimm sein sollte. Seit der Taufe unserer Kinder ist es für mich einfach greifbarer, dass Gott auch dann für sie da sein wird.

 

Liebe Geschwister, die Taufe symbolisiert, dass ich mit Christus verbunden bin mit all dem, was er erfahren hat und wofür er steht. Ich gehöre zu ihm – in guten – und auch in ungemütlichen Zeiten.

Auch wenn ich es gerade schwer habe – Ich hänge dann nicht im luftleeren Raum, nicht in den einsamen Sphären eines Schicksals, das niemanden interessieren würde. Sondern ich weiß mich verbunden mit Christus.

Verbunden mit dem, der menschliches Leid selbst erlebt hat. Darum versteht er mich ja. Und darum ist er für mich da, wenn es darauf ankommt. Es tut gut, dass meine Taufe mich mit diesem Christus verbunden hat.

So sollen auch wir jetzt ein neues Leben führen, schreibt Paulus. Und er schreibt noch weiter: Wenn wir ihm im Tod gleich geworden sind, werden wir es auch in der Auferstehung sein.

Auch die Hoffnung auf ein Leben über den Tod hinaus gehört zur Taufe hinzu. Ich bin untergetaucht. Und ich bin aufgetaucht in einem Leben, das stärker ist als der Tod!

 

 

Liebe Gemeinde,

Paulus schreibt: Christus ist (...) vom Tod auferweckt worden. Und genauso sollen auch wir jetzt ein neues Leben führen. Ein junger Mann, Erfan wurde im Oktober bei uns getauft Er erlebt das ganz wörtlich: Ein neues Leben führen. Er ist noch sehr neu in Deutschland. Als Flüchtling aus Afghanistan steht er dabei vor großen Problemen: das Asylverfahren dauert endlos, er bekommt keinen Sprachkurs. Er darf seinen Lebensunterhalt nicht selbst verdienen. Das neue Leben hier ist nicht leicht. Aber ein anderes neues Leben hilft ihm dabei, seit seiner Taufe.

Ich bin glücklich: Meine Taufe ist neues Leben für mich. Ich habe zwar noch Probleme. Aber Gott gibt mir Energie, weiterzumachen. Die Sorgen sind nicht so stark wie früher. Ich glaube, Jesus wird mir helfen.

In unserem internationalen Bibelkreis sind viele Leute aus vielen verschiedenen Ländern. Alle helfen sich. Ich interessiere mich für Menschen aus anderen Ländern. Ich habe gute Freunde gefunden.

 

Die Taufe gibt Energie im neuen Leben. Aber sie kann auch unser Leben und Handeln verändern. Für Erfan ist es u.a. eine Offenheit für Menschen aus anderen Ländern. Er engagiert sich im internationalen Bibelkreis, genießt die Vielfalt der verschiedenen Menschen dort. Hilft übersetzen, wo es schon geht, nimmt Anteil an den Problemen der anderen Geflüchteten in diesem Kreis. Und manchmal bewegt er mit einem Lied aus der Heimat die Herzen von Einheimischen und neu Hinzugekommenen.

 

Getauft sein. Von Gott angesehen werden. Kraft zum Leben bekommen. Für viele Menschen überall in Deutschland bedeutet dies derzeit, das Schicksal geflüchteter Menschen bei uns zu sehen und ihnen zu helfen. Weil sie Menschen sind und weil Gott sie ansieht. Wenn Christen sich dabei engagieren, dann berufen sie sich oft bewusst auf Jesus, wie er gelebt hat und wie er geredet hat: Ich bin ein Fremder gewesen und ihr habt mich aufgenommen.

Bin ich eingetaucht in dieses Leben Jesu – dann gehöre ich zu diesem Freund der Fremden. Nochmal Paulus: Genauso sollen auch wir jetzt ein neues Leben führen. Das kann dann heißen: Grenzen überwinden, sich für Menschen aus anderen Ländern interessieren, helfen, wo es geht.

So macht es Erfan. Er lebt und engagiert sich in unserer Kirchengemeinde hier in Detmold.

 

Übrigens heißt es auch religiöse Grenzen überwinden: Ich erlebe bei uns viele neue Kontakte zwischen Christen und Muslimen. Viele sind neugierig und interessieren sich füreinander. So soll es sein. Und Menschen wird geholfen, ohne dass einer fragt, welcher Religion sie angehören. So ist es gut.

 

 

Liebe Gemeinde,

ich blicke nochmal auf unseren schönen alten Taufstein. An seinem oberen Teil ist er farbig. Der Hintergrund für die Jahreszahl 1579 ist blau. Darüber leuchtet der rote Hintergrund für die rankenden Blätter.

Sie scheinen mir nochmal üppiger zu ranken. Ein Symbol für das Leben. Für das bunte Leben, das aus der Taufe wächst.

Amen