5 Brote und 2 Fische

5 Brote und 2 Fische
09.10.2015 - 06:35
18.06.2015
Pfarrerin Annette Bassler

Unser Herz ist weit, aber unsere Möglichkeiten sind begrenzt. So hat Bundespräsident Gauck auf den Punkt gebracht, was viele bewegt.

Unser Herz ist weit- noch nie habe ich so viel Mitgefühl, so viel tätige Nächstenliebe erlebt wie in den vergangenen Wochen. Wir kümmern uns um die Menschen, die zu uns kommen. Spontan, ehrenamtlich, mit weitem Herzen.

Viele Menschen sind schon hier. Mit verletzten Seelen, mit Hunger nach Brot und Frieden. Täglich kommen mehr, niemand weiß, wie viele noch.

„Das macht mir Angst“ sagen manche. Und ärgern sich, mit ihrer Angst in die rechte Ecke gestellt zu werden. Die Angst vor Chaos, vor Überforderung der Helfer und Behörden, vor Verlust der Kultur in diesem Land halte ich für realistisch. Angst zu haben ist normal, wenn man in eine Geschichte geraten ist, für die es keine Parallelen gibt. Die Bundeskanzlerin nennt sie eine „historische Bewährungsprobe“. Ich meine, sie hat das Zeug zu einer Geschichte, wie sie die Bibel erzählt.

Jesus gerät mit seinen Jüngern in eine vergleichbare Situation. Eigentlich wollte Jesus allein sein mit seinen Freunden, aber die Leute folgen ihnen und plötzlich sieht er sich einer riesigen Menschenmenge gegenüber. „Wie Schafe, die keinen Hirten haben“ kommen sie ihm vor. Verloren also, ohne Orientierung, ohne Schutz. Er setzt sich zu ihnen, redet mit ihnen und lehrt sie. Und auf einmal ist es Abend. Und kein Haus weit und breit. Und nichts zu essen.

„Schick sie weg“ sagen die Jünger zu Jesus. Bevor Chaos ausbricht. „In den umliegenden Dörfern sollen sie sich essen kaufen.“ Unser Herz ist weit, aber unsere Möglichkeiten sind begrenzt.

Jesus weiß: wegschicken funktioniert nicht. Nicht mit einem weiten Herzen. Die Bundeskanzlerin hat ähnliches gesagt: Grenzen zumachen funktioniert nicht. Ein Aufnahmestopp funktioniert nicht. Nicht einmal mit Stacheldraht und prügelnden Polizisten, wie in Ungarn. Sie ist realistisch – und bekennt sich zu den notwendigen Werten der deutschen Politik.

Es ist keine Sozialromantik, wenn Jesus zu seinen Jüngern sagt: gebt den Menschen zu essen! Es ist der einzige Weg, wenn man seine Identität nicht verraten will. Und wenn man sich verantwortlich fühlt. Endlich verantwortlich, nach Jahren des Wegduckens hinter den Dublin-Verträgen nach dem Motto: sollen doch die Anderen!

Aber die Jünger sagen: wir sollen den vielen zu Essen geben? Wie denn das? Es sind zu viele, die Zelte sind überfüllt, die Kommunen haben kein Geld. Die Ehrenamtlichen sind überfordert...

Jesus bittet nüchtern um eine genaue Erfassung der Mittel und Ressourcen. Ergebnis: 5 Brote und 2 Fische. Und das für 5000 Menschen. Das reicht nicht. Also doch wegschicken! Geht uns nichts an, wenn die Leute keine Vorsorge getroffen haben. Geht uns nichts an, wenn die Politiker sich nicht um Asylpolitik gekümmert haben. Wenn sie nur Öl und die Absatzmärkte dieser Länder interessiert, aber nicht das Schicksal der Menschen.

Da wird Jesus heftig und befiehlt: lasst die Menschen in Gruppen lagern. Schafft überschaubare Gemeinschaften. Sich begegnen, miteinander reden. Das ist der Anfang. 5 Brote für 5000 Menschen. Von den Zahlen her gesehen unmöglich. Aber am Ende sind nicht die Zahlen entscheidend, sondern wir. Wie wir mit den Zahlen umgehen.

Jesus dankt Gott für die 5 Brote, teilt sie den 12 Jüngern aus und die teilen es unter die 5000.

Und es funktioniert. Menschen verstehen das, egal aus welcher Kultur sie kommen. Wir leben nicht vom Brot allein. Wir leben vom Miteinander. Miteinander auf der Wiese sitzen, auf Augenhöhe, teilen was da ist: Brot und Frieden und ein weites Herz. Dann schaffen wir das.

Jesus vertraut auf Gottes unbegrenzte Möglichkeiten und seine Identität. Und am Ende bleibt noch übrig: 12 Körbe, sagt die Geschichte. Genug für die, die noch kommen werden.

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18.06.2015
Pfarrerin Annette Bassler