Auferstehen aus Corona – wie?

Gedanken zur Woche

Gemeinfrei via unsplash.com/Dan Burton

Auferstehen aus Corona – wie?
Gedanken zur Woche mit Pfarrerin Annette Bassler
17.04.2020 - 06:35
03.01.2020
Annette Bassler
Über die Sendung

Die Gedanken zur Woche im DLF.

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Wie kommen wir da wieder raus? Aus dem Stillstand, der Isolation, aus der Gefahr für unser wirtschaftliches Überleben? Darüber haben die Regierungen von Bund und Ländern nun beraten und beschlossen: Es wird noch dauern. Wir müssen vorsichtig bleiben. Unsere alten Eltern dürfen wir weiterhin nicht besuchen. Für viele Künstler und Selbständige, Alleinerziehende, Alte, Arme, Gottesdienstbesucher und unzählige andere gilt: wir müssen irgendwie durchhalten.

 

Wie kommen wir da wieder raus? Das haben sich auch die ersten Christen gefragt. Nach Jesu Tod haben sie sich auch in Quarantäne begeben. Allein ihn draußen zu betrauern war lebensgefährlich. Ihr leibliches, seelisches und wirtschaftliches Wohlergehen haben sie orientiert an seiner Nachfolge. Wo sollte es jetzt noch hingehen? „Leben in Fülle“ hat er versprochen.

 

Was dann passiert ist, daran stammeln wir Christen jedes Jahr herum. Jedes Jahr an Ostern versuche ich zu übersetzen, was das heißt: Christus ist auferstanden. Er ist wahrhaftig auferstanden. Und wir können mit ihm auferstehen. Können Leid, Angst und Tod hinter uns lassen. Mitten im Leben. Aber wie soll das gehen? Dieses „neue Normal“?

 

Für die Jüngerinnen und Jünger beginnt „Auferstehung“ mit einer Begegnung. Da kommt einer, geht ein Stück mit ihnen in die Zukunft und erklärt ihnen ihre alte Welt. Auf einmal verstehen sie Zusammenhänge neu. Sagen: so haben wir das noch nie gesehen. So kann man das aber auch sehen. Und nach dieser Begegnung sagen sie: „Brannte nicht unser Herz?“ Sie verstehen: Auferstehung hat etwas mit dem Herzen zu tun. Ein Herz, das für etwas brennt.

 

Ich bemerke mein brennendes Herz jetzt öfter. Wenn ich meine Enkel nicht mehr in die Arme nehmen darf. Wenn ich vor meiner Freundin stehe und sie nicht anfassen darf. Als ich an Ostern mit dem Fahrrad durch die Dörfer gefahren bin, da habe ich in den Fenstern der Häuser viele kleine Regenbögen gesehen. Und Zettel mit Großbuchstaben. Danke! Da brannte mein Herz.

 

Statt in Italien sitze ich jetzt zu Hause unter einem Gingkobaum. Schaue in den blauen Himmel und bin einfach nur glücklich. Seltsam. Ich vermisse gar nicht so viel von dem, was ausgefallen ist. Und vermisse viele von denen, die ich nicht treffen darf, mehr als ich dachte. Merkwürdig. Diese neuen Momente von Glück und von Leid – sie werfen ein neues Licht auf mein „altes Normal“.

 

„Leben in Fülle“- das hat Jesus versprochen. Es bekommt für mich jetzt einen neuen Geschmack. Wie könnte er aussehen, der Weg dorthin? Der Weg in ein Leben in Fülle, in ein „neues Normal“?

Anders gefragt: Was brauche ich wirklich? Was macht mich wirklich glücklich? Und was stellt sich jetzt als Illusion von Glück heraus?

 

Ich freue mich an den vielen kreativen Ideen, die derzeit im Netz kursieren. Experten im T-Shirt zu Hause erklären mir die Welt. Erfrischend ungestylt und unfrisiert. Nicht nur das Aussehen, auch ihre Art zu reden. Spitzenmusiker konzertieren zu Hause übers Netz miteinander. Eine Mehrheit der Gesellschaft nimmt Rücksicht aufeinander. Nie dagewesene Hilfsprogramme für viele, die schon immer am Rand der Existenz gelebt haben. Und Hilfen der Diakonie und Caritas für die, die durch alle sozialen Netze fallen. Und hoffentlich auch endlich für die Menschen in den überfüllten Flüchtlingslagern, angefangen bei den unbegleiteten Kindern. Auch sie gehören dazu. Zu einem Leben in Fülle, zu einem „neuen Normal“.

 

Auferstehung beginnt damit, Leiden anzunehmen und füreinander da zu sein. Damit keiner verloren geht. Und wenn keiner weiß, wie das gehen soll, dann fängt man einfach trotzdem damit an. Auferstehung ist, wenn man einfach da ist und macht und tut und liebt. Mit brennendem Herzen.

 

Und wo brennt Ihr Herz? Diskutieren Sie mit, auf Facebook unter „Evangelisch im Deutschlandradio“.

 

Es gilt das gesprochene Wort.

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03.01.2020
Annette Bassler