Gedanken zur Woche 28. 08.

Gedanken zur Woche

Bild: Malou von Simson

Gedanken zur Woche 28. 08.
28.08.2015 - 06:35
18.06.2015
Ulrike Greim

Ich liebe Psalmen. Archaisch schön sind sie. Versöhnend. Verstörend. Es gibt viele Verse, zu denen ich lange keinen Zugang hatte. Aber in dieser Woche habe ich sie parallel gelesen zu den Fernsehbildern aus Heidenau. Und plötzlich sind sie sonnenklar.

 

„HERR, führe meine Sache wider meine Widersacher, bekämpfe, die mich bekämpfen!
Ergreife Schild und Waffen und mache dich auf, mir zu helfen!
Sprich zu mir: Ich bin deine Hilfe!“

 

So haben Menschen vor 2500 Jahren gebetet, im Exil. Und so könnten sie heute wieder beten, die jungen Christen aus Eritrea, die in Heidenau im Baumarkt zusammengepfercht sind. Und die Familie, die aus dem Irak geflohen ist, weil sie zum Islam konvertieren sollte. Sie musste zusehen, wie anderen Christen die Köpfe abgeschlagen wurden. Und nun sitzen sie in Heidenau. Hören Böllerschüsse. Sehen ein Großaufgebot der Polizei. Hören Geschrei. Ein, zwei Tage später kommen Journalisten, dann die Politprominenz. Kommt damit Hilfe? Kommt Schutz?

 

„Es sollen sich schämen und zum Spott werden, die mir nach dem Leben trachten; es sollen zurückweichen und zuschanden werden, die mein Unglück wollen.
Sie sollen werden wie Spreu vor dem Winde, und der Engel des HERRN verfolge sie.
Denn ohne Grund haben sie mir ihr Netz gestellt, ohne Grund mir eine Grube gegraben.“

 

Und sie graben kontinuierlich weiter. In Leipzig, in Parchim, in Nauen – wer kommt eigentlich noch hinterher? Die Polizei offensichtlich nicht. Mein Herz schon gar nicht. Wo leben wir hier?

 

Am Ende dieser Woche lese ich Psalm 35 und er wird lebendig und wahr. Für viele und unabhängig von der Religion. Für den jesidischen Mann aus Syrien, der nach Deutschland vorgeschickt wurde, um seine Familie nachzuholen. Der ungeduldig wartet im Räderwerk der deutschen Bürokratie. Verurteilt zum Nichtstun. Kann er hoffen?

 

„Meine Seele soll sich freuen des HERRN und fröhlich sein über seine Hilfe.“

Wie sieht solche Hilfe aus? Sie beginnt mit dem Dach überm Kopf. Mit einer Liege. Mit Essen, frischen Klamotten. Und vielleicht – vielleicht einer Perspektive.

„Alle meine Gebeine sollen sagen: HERR, wer ist dir gleich? Der du den Elenden rettest / vor dem, der ihm zu stark ist, und den Elenden und Armen vor seinen Räubern.“

 

Die Räuber. Die heimlich herfallen. Anonym. Im Schutz des Internets. Aber mittlerweile auch mit Klarnamen, ganz unverhohlen. Wie gerade in den Hetzmails, die die SPD-Parteizentrale überschwemmt haben, nachdem der Vizekanzler in Heidenau war und von „Pack“ gesprochen hat. Ebenso alle anderen, die sich positionieren.

 

„Lass sich nicht über mich freuen, die mir zu Unrecht Feind sind; lass nicht mit den Augen spotten, die mich ohne Grund hassen!
Denn sie reden nicht, was zum Frieden dient, und ersinnen falsche Anklagen wider die Stillen im Lande.“

 

Die Stillen im Lande sind ziemlich viele. Frau Merkel gehört nun nicht mehr dazu. Sie hat ihr gesammeltes Schweigen überwunden. Nun war sie in Heidenau und hat Null Toleranz ausgerufen – möge es durchgesetzt werden.

 

„Sie sperren das Maul weit auf wider mich und sprechen: Da, da, wir haben es gesehen!
HERR, du hast es gesehen, schweige nicht; HERR, sei nicht ferne von mir!“

Darf man in diesen Zeiten noch schweigen? Die Mehrheit ist still. Wie ich. Wir sind doch noch eine Mehrheit, oder? Hallo? Ist da wer?

 

„Wache auf, werde wach, mir Recht zu schaffen und meine Sache zu führen, mein Gott und Herr!“

Das ‚helle Deutschland’, wie es der Bundespräsident nannte, ist wach. Es ist da. Es hilft einfach im Stillen. Überall. Mit Geldspenden, mit Sachspenden, mit Patenschaften, mit Gästewohnungen, mit medizinischer Hilfe, ehrenamtlich und so weiter… Die Kommunen, die Städte und Gemeinden: sie packen an. Was sonst. Das muss einem keiner sagen. Das ist ein Gebot der Stunde.

 

„Ich will dir danken in großer Gemeinde; unter vielem Volk will ich dich rühmen.“

Unter vielem Volk. Das ist die helle Perspektive für unser Volk. Reizvoll, nicht?

 

Sie können mit mir reden. Bis 8 Uhr erreichen Sie mich unter 0361-51800147. Oder diskutieren Sie mit auf facebook unter deutschlandradio.evangelisch.

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18.06.2015
Ulrike Greim