Mutig, beherzt und ungepanzert

Gedanken zur Woche
Mutig, beherzt und ungepanzert
Gedanken zur Woche mit Ulrike Greim
10.12.2021 - 06:35
15.09.2021
Ulrike Greim
Über die Sendung

Die Gedanken zur Woche im DLF.

Sendung zum Nachhören

Gedanken zur Woche von Ulrike Greim

Feedback zur Sendung? Hier geht's zur Umfrage! 
Sendung zum Nachlesen:

„So, nun – rüstet euch, der Kampf wird hart, der Weg wird weit.“

So und so ähnlich klangen die Kommentare dieser Woche nach der Vereidigung der neuen Regierung.

Und es ist selbst den ärgsten Kritikern klar, was für enorme Herausforderungen auf den Bundeskanzler und seine 16 Ministerinnen und Minister zukommen. Corona, Klima, Migration, Digitalisierung, die ganze lange Liste. Die Ampel muss sie angehen, alle gleichzeitig und beherzt. Ein Riesen-Programm.

Ja, rüstet euch, der Kampf wird hart, der Weg wird weit.

 

Ich sehe den bildhübschen jungen Hirten David, wie er in den Kampf gegen Goliath zieht, den Riesen unter den ohnehin schon riesigen Philistern. Nach menschlichem Ermessen: keine Chance für David. Der ist aber überzeugt, dass er für die gerechte Sache antritt, und er sieht, dass einer nach vorn muss, weil sich die anderen vor Angst in die Hosen machen, das ganze israelitische Heer. Buhu – Goliath.

 

David soll die Rüstung ausprobieren, die ihm König Saul, der Kriegsherr, überlässt. Er geht aber in dem eisernen Panzer schlicht in die Knie. Er legt den Panzer des Kriegsherren ab. Für diesen außergewöhnlichen Kampf nutzen nicht die alten Waffen. Keine Muskelspiele, keine Machtattitüden, keine gespielte Unangreifbarkeit.

 

Ungepanzert zieht David gegen Goliath los, verletzlich. Bewaffnet nur mit einer Steinschleuder – und mit seinem Gottvertrauen. Er sagt: „Gott, der mich schon vor Löwen und Bären gerettet hat, wird mich vor diesem Riesen bewahren.“

 

Auf wen kann unsere neue Regierung vertrauen, wenn sie es mit ihren Riesen-Herausforderungen aufnimmt? Auf eine funktionierende Demokratie. Allen Unkenrufen zum Trotz. Aber reichen ihre Kräfte aus, um die großen Themen dieses Landes, Europas und der Welt anzugehen? Hat die Ampel so viel Mut, damit das gelingen kann?

Vielleicht kann sie – wie David – die alten Rüstungen gar nicht erst anziehen. Sie kann gleich mit einem neuen Stil ins Feld gehen und sich tapfer den Riesen der Gegenwart stellen.

So wie der junge David dem Goliath. Denn noch bevor der richtig anfangen kann zu lachen – zack – da knallt ihm David einen Stein vor die Brust und Goliath geht zu Boden.

David hat gesiegt. Nun traut sich auch das ganze Heer und ringt die verfeindeten Philister nieder.

 

Das ist den Frauen und Männern des neuen Kabinetts zu wünschen, dass sie die riesigen Themen mit Gelassenheit angehen können.

 

Mut und Vertrauen brachten David an den Königshof und etwas später auf den Thron. Dazu seine Gabe, Musik zu machen, die Depressionen vertreibt. Er wurde ein beliebter Regent. Denn David regierte vorsichtig, fragend, betend. Gott, ist es richtig? Was willst du?

Ein Herrscher, der singt und betet, ehrlich, schonungslos und voller Respekt gegenüber seinem Schöpfer. Diese Bindung hat ihn stark gemacht. Sie hat ihn nicht bewahrt vor schweren Fehlern, aber sie hat ihn durchgetragen und ihn am Ende einen guten König sein lassen. Einen, der das tief gespaltene Land geeint hat.

 

Auch das wünsche ich dem neuen Regierungsteam, dass es vorsichtig, tastend, nicht vollmundig und laut vorwärts geht, und dass es das Land eint. Dass es sich rückbindet an den Auftraggeber – das ganze Volk, mit einem wachen Blick vor allem auf diejenigen, die Schutz und die Hilfe der Gesellschaft brauchen. Ihr Wohlergehen wird der Gradmesser für eine gute Politik sein.

 

Das würde David freuen und dessen Gott. Und dabei ist es nachrangig, wie viele Kabinettsmitglieder beim Eid Gottes Hilfe erbeten haben. Sie ist dann sicher.

In allem wünsche ich ihnen den Mut, selbst wenn das ganze Heer zittert, nach vorn zu gehen und das Nötige beherzt zu tun. Ich wünsche – völlig utopisch, und deswegen erst recht – Zeit für Stille. Die ist essenziell nötig, um hinhören zu können, um herauszukriegen, was jeweils dran ist.

 

Es gilt das gesprochene Wort.

Weitere Infos

15.09.2021
Ulrike Greim