Plastik

Gedanken zur Woche

10.1073/pnas.1619818114 PNAS May 15, 2017 - http://www.pnas.org/content/early/2017/05/09/1619818114.full

Plastik
19.05.2017 - 06:35
19.05.2017
Pfarrerin Annette Bassler

Die Nachricht war ganz kurz, tauchte am Dienstag in den großen Medien nur einmal auf unter der Rubrik „Kurioses“. Aber in den sozialen Medien ging sie viral. Ein Facebookfreund postete: „Wenn ihr eure Quietsche-Ente vermisst, ihr findet sie auf Henderson!“

 

Henderson, das ist eine Koralleninsel im Südostpazifik, irgendwo zwischen Chile und Neuguinea. Sie ist nur 37 Quadratkilometer groß, niemand lebt da. Aber sie gehört zum UNESCO Welterbe – wegen ihrer atemberaubenden Korallenriffe, Tier- und Pflanzenwelt und der weißen Strände.

 

Und da liegt jetzt Plastikmüll – so viel wie nirgendwo auf der Welt. 38 Millionen Plastikteile mit einem Gewicht von 17,6 Tonnen. Und jeden Tag kommen 27 Teile dazu – pro Quadratmeter! Das haben Forscher um Jennifer Lavers im Fachmagazin „Proceedings of the National Academy of Sciences“ jetzt veröffentlicht. Und wir können uns das im Internet angucken.

Meine Quietsche-Ente liegt da zwar nicht. Aber von den Plastikflaschen, Strohhalmen und Zahnbürsten könnte auch was von mir dabei sein. Und der Plastikverschluss, in den eine Krabbe ihr verletzliches Hinterteil geschoben hat, kommt mir auch bekannt vor.

 

Plastikmüll auf Henderson. Ein Menetekel? Eine „Schrift an der Wand“? „Meine, mene Tekel Uparsin“ übersetzt der Prophet Daniel. Da feiert Belsazar ein babylonischer König aus dem 6. Jahrhundert vor Christus- gerade den Triumph seiner Macht. Und Daniel sagt: „Mene, mene Tekel Uparsin.“ Auf deutsch: „Gott hat die Tage Deiner Herrschaft gezählt. Du wurdest gewogen und für zu leicht befunden. Dein Königreich wird untergehen.“

 

Und jetzt der Plastikmüll auf Henderson. Wofür ist er uns ein Zeichen? Wenn wir den Angaben der Forscher folgen, dann wissen wir:


1. Kein Müll der Welt kann einfach verschwinden. Wegwerfen ist ein Unwort. Weil nichts einfach weg ist. Nicht einmal in den unendlichen Weiten des Meeres. Müll kommt wieder – heute auf Henderson, morgen in unserer Nahrungskette.

2. Der Müll betrifft uns alle, ausnahmslos. Aber er ist keine Naturkatastrophe wie ein Tsunami. Gemeinsam haben wir dafür gesorgt, dass es so ist. Gemeinsam können wir dafür sorgen, dass es nicht so bleibt. Das sind erst einmal Fakten.

 

Die entscheidende Frage ist: wie wollen wir uns dazu verhalten?


Als Christin muss ich da immer global denken. Weil der Gott, an den ich glaube, die ganze Welt geschaffen hat, nicht nur meinen Lebensraum. Und deshalb ist es meine Aufgabe, diese Schöpfung zu bewahren. In meiner Haltung dazu spielen Ländergrenzen, Kulturen oder Religionen überhaupt keine Rolle. Im Gegenteil – die Schöpfung zu bewahren, das sollte uns über Grenzen, Kulturen oder Religionen hinweg zusammenschweißen.

 

Vor Gott hilft es nicht zu sagen: sollen die Anderen doch erst mal machen. Niemand kann mir meine Verantwortung vor Gott abnehmen. Also fange ich an, mein alltägliches Verhalten zu überdenken.

 

Seit eine Plastiktüte im Supermarkt Geld kostet, hat sich zum Beispiel in mein Gehirn eingegraben: ich muss eine Tasche mitnehmen, wenn ich einkaufen gehe. Dank dem Erfinder! Und ich glaube: es gibt auch noch eine Alternative zu den vielen Plastikfolien und -schälchen, die man an der Wursttheke bekommt. Warum gibt es nicht mehr Läden, die ohne Verpackungsmaterial auskommen?

Warum werden nicht Plastik-Wegwerfteile so hoch besteuert, dass man sich diesen „Luxus“ einfach nicht mehr leisten mag? Bis dahin aber hilft schon, sich jedes Plastikteil im Regal einfach mal anzuschauen und sich zu fragen: geht das auch anders?

 

Und ich hoffe auf die junge Generation, Start-Ups, die Plastikmüll aus dem Ozean fischen oder zersetzen helfen. Ich hoffe auf Plattformen im Internet, auf denen man sich austauschen kann. Wo sind sie, die guten Ideen? Die Bebauer und Bewahrer unseres traumhaft schönen Planeten im Ozean der Galaxien?

 

Wenn Sie mit mir darüber diskutieren wollen, können Sie mich in der nächsten Stunde anrufen unter der Nummer 030 325 321 344. Ich wiederhole: 030 325 321 344. Oder diskutieren Sie mit auf Facebook, unter deutschlandradio.evangelisch.

 

 

http://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/henderson-island-suedseeinsel-wird-zur-muellkippe-a-1147863.html

http://www.focus.de/wissen/natur/henderson-island-im-pazifik-groesste-plastikmuell-dichte-weltweit-kein-mensch-ueberall-abfall_id_7136954.html

http://www.scinexx.de/wissen-aktuell-21461-2017-05-16.html

http://www.spektrum.de/news/plastikmuell-ueberschwemmt-suedseeparadies/1458087

 

Bild und Journal-Artikel:

http://www.pnas.org/content/early/2017/05/09/1619818114.full

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19.05.2017
Pfarrerin Annette Bassler