Die Ersten und die Letzten

Morgenandacht
Die Ersten und die Letzten
08.03.2018 - 06:35
11.01.2018
Pastor Tom Herter
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In der Bibel erzählt Jesus eine Geschichte von Tagelöhnern, die von einem Landwirt angestellt werden. Früh morgens vereinbart er mit ihnen ein Silberstück als Tagelohn. Dann engagiert er nachmittags und abends weitere Arbeiter. Am Ende des Abends zahlt der Landwirt alle aus. Jeder bekommt das gleiche. Ein Silberstück – trotz der unterschiedlichen Arbeitszeit. Nachdem Jesus diese Geschichte erzählt hat, schließt er mit dem Satz: So werden die Letzten die Ersten und die Ersten die Letzten sein.

 

Jesus sagt: So werden die Letzten die Ersten und die Ersten die Letzten sein.

Ich aber frage mich: Wie kann das sein?

Der FC Bayern zum Beispiel. Ich bin kein Fan dieses Fußball-Elitekaders. Aber die sind einfach die Besten. Seit Jahren. Sie stehen oben und nicht unten. Sie stehen oben, weil niemand besser war. Am Ende der Saison heißt es doch: Die letzten werden absteigen und die ersten holen die Meisterschale.

 

Jesus sagt: Bei ihm sind die Letzten die Ersten und die Ersten die Letzten.

Ich aber frage mich: Wie kann das sein?

Wenn wir früher im Sportunterricht mal wieder Mannschaften gewählt haben, wurde Christian als erster und Tom eben als letzter gewählt. Weil Christian Fußball spielen konnte und Tom eben nicht. Im Sport blieb Christian der erste und Tom der letzte. Oder bei den Bundesjugendspielen. Die Ersten waren die Ersten und die Letzten waren zu langsam. Ganz einfach. Christian bekam die Ehrenurkunde und Tom die Teilnehmerurkunde.

 

Jesus sagt: Bei ihm sind die Letzten die Ersten und die Ersten die Letzten.

Ich aber frage mich: Wie kann das sein?

 

Man kann darüber reden, ob Jesus das so meint wie auf dem Amt. Ich ziehe einen Zettel und bin der letzte in der Reihe. Warte, spiele mit meinem Smartphone herum und langweile mich. Nur langsam aber immerhin sicher nähert sich meine Nummer. Ich bin nicht mehr letzter. Und irgendwann, mein Akku ist schon fast leer, alle Newsfeeds gecheckt, erscheint meine Nummer. Warte also nur lang genug und du gehst schon noch mit dem neuen Personalausweis vom Amt und als Sieger vom Platz. Nach dem Motto: „Zeit heilt alle Wunden“. Aber ist das immer der Fall? Werden die Letzten die Ersten sein, weil irgendwann genug Zeit verstreicht und dann eine Sachbearbeiterin Zeit für mich hat? Ich befürchte, Zeit heilt nicht alle Wunden.

 

Jesus sagt: Bei ihm sind die Letzten die Ersten und die Ersten die Letzten.

Ich aber frage mich: Wie kann das sein?

 
Schließlich geht es nicht nur um Sport oder Formulare. Sondern es geht um Menschen. Menschen die am Ende sind, denen Ungerechtigkeit widerfährt. Um Menschen, die zu klein, zu arm, zu hässlich, zu fremd, zu langsam, zu schwer oder auch zu schlau und zu groß sind. Wie können da die Letzten die Ersten sein?

Kinder aus bildungsfernen Familien zum Beispiel, wie oft sind sie die ersten? Oder die Menschen, die mit nichts zu uns kommen? Wie oft stehen die oben? Damit meine ich nicht, dass sie einen Platz in einer Massenunterkunft bekommen und ein Smartphone haben. Das ist nun wirklich nicht oben. Menschen, die leiden, verletzt sind, behindert, misshandelt, drogensüchtig oder Opfer von Gewalt und Terror. Will Jesus allen Ernstes sagen, dass diese Menschen am Ende oben stehen?

 

Wenn das so ist, wenn das wirklich stimmt, dann widerspricht das allem. Dann widerspricht das meinem Streben nach Macht, nach Glück, nach Gesundheit, nach Erfolg, nach Geld. Es widerspricht dem, was ich erlebe, dem was passiert. Es widerspricht allem.

 

Aber ich glaube Jesus. Die Letzten wie die Ersten, jeder und jede wertvoll, von Gott geliebt. Und dafür möchte ich kämpfen. Ich möchte dazu beitragen, dass die Letzten die Ersten sind. Dass den Opfern Liebe, den Geschlagenen Heilung, den Verlassenen Geborgenheit, den Geflohenen Heimat und ja, den Tätern Gnade widerfährt. Dazu möchte ich beitragen, dass diese Gerechtigkeit, Gottes Gerechtigkeit, sichtbar wird. Auch gegen alles, was ich erlebe, gegen alles, was mir logisch erscheint.

11.01.2018
Pastor Tom Herter