Ehescheidung

Morgenandacht
Ehescheidung
24.07.2018 - 06:35
20.06.2018
Lucie Panzer
Sendung zum Nachhören
Sendung zum Nachlesen

Jede dritte Ehe wird nach durchschnittlich 15 Jahren geschieden.(1) Das hat das statistische Bundesamt für 2016 erhoben. Ich glaube nicht, dass in diesem Jahr die Zahlen sehr anders wären. Die Gründe sind so verschieden, wie die Paare verschieden sind. Manche entschließen sich leicht für eine Trennung, andere zögern und tun sich schwer. Oft tut es den Betroffenen weh. Ich will da nicht urteilen. Ich bin selber geschieden. Nur eines glaube ich ganz fest: Besser wäre es, man müsste sich nicht scheiden lassen. Denn scheiden tut weh. Zusammen bleiben manchmal aber auch.

 

Jesus hat zu seiner Zeit gesagt: „Ihr sollt euch nicht scheiden lassen. Sich scheiden lassen: Das ist hartherzig“ (Mk 10, 2-9). Ich finde, man macht es sich zu einfach, wenn man sagt: Jesu Wort ist lange her. Das waren andere Zeiten. Jeder Christ, der sich scheiden lässt, muss sich das von Jesus sagen lassen und sich fragen: Bin ich zu hartherzig? Zu ungeduldig? Zu wenig tolerant? Zu anspruchsvoll? Denke ich womöglich nur an mich?

 

Jesus, der gesagt hat: „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst“, der will nicht dulden, dass ich meinen Allernächsten nicht liebe, jedenfalls nicht mehr.

 

Ist nicht die Ehe so eine Art Übungsfeld für die Nächstenliebe? Ein Ort, wo ich üben und lernen kann zu lieben, auch wenn es manchmal schwierig wird. Ein Ort, wo ich nicht allein bin, wenn ich jemanden brauche? Ein Ort, wo ich, wenn es gut geht einen Partner habe, der mich dabei unterstützt auch für andere da zu sein? So ist die Ehe gedacht. So hat Jesus sich das vorgestellt. Und deshalb gesagt: „..das soll der Mensch nicht scheiden.“

 

Er will nicht, dass ich meinem Nächsten weh tue. Dass ich ihn allein lasse, aus welchem Grund auch immer. Dass ich die Kinder traurig mache. Dass irgendwer das Gefühl kriegt: Nun bin ich nur noch der Rest, mich braucht keiner mehr.

 

Es hat keinen Sinn, glaube ich, sich Jesu Worte schön zu reden. Es hat keinen Sinn, wenn ich mir sage: So hat er das nicht gemeint. „Was Gott zusammengefügt hat, das soll der Mensch nicht scheiden“. Doch. Er hat das so gemeint, wie er es gesagt hat. Genauso, wie die Sache mit dem Nächsten, den ich lieben soll wie mich selbst.

 

Und ich muss sagen: Ich weiß. Ich weiß, wie weh es tut, wenn man nicht halten kann, was man sich vorgenommen und versprochen hat. Ich finde auch, dass das nicht sein sollte. Und ich finde gut, dass Jesus das so deutlich sagt. Aber es ist nicht so einfach. Ich bin nicht so geradlinig und stark, wie ich es vielleicht gern wäre. Ich mache Fehler. Und ich schaffe das nicht immer, meinen Nächsten zu lieben wie mich selbst.

 

Manches schaffe ich nicht. Jesus hat gesagt, wir sollen nicht Schätze in Scheunen sammeln. Und wir tun es doch, jeder auf seine Weise. Wir sollen alles den Armen geben, was wir haben – das hat er auch gesagt. Und viele geben: Zeit und Geld für die, die Hilfe brauchen. Aber: alles?

 

Ich fürchte, so ähnlich ist das auch mit dem Scheidungsverbot. Jesus hat das so gesagt. Und eigentlich hat er Recht, denn Scheiden tut weh – in jedem Fall. Aber ich habe es nicht geschafft. Und viele andere schaffen es auch nicht. Meine Liebe war nicht ewig. Die Liebe, die nimmer aufhört – das ist Gottes Liebe. Meine war endlich.

 

Deshalb mache ich Fehler. Deshalb schaffe ich nicht alles, was ich mir vorgenommen habe. Und ich vertraue darauf, dass Gott mich trotzdem nicht fallen lässt. Dass er aus dem Rest, der von meinem Leben geblieben ist, etwas Neues schaffen kann. So, wie aus einem Baumstumpf ein neuer Trieb herauswachsen kann. So, wie man aus Resten ein schönes Patchwork zusammensetzen kann, wenn man sich Mühe gibt.

 

Gottes Liebe – die kann einem dazu Geduld geben und neue Kraft und neuen Mut. Auch die Kraft und die Weisheit, eine Trennung durchzustehen. Besonnen und so schonend wie möglich. Manchmal ist das das letzte, was man noch tun kann: Ohne Hass auseinander gehen. Wenn die Liebe abhandengekommen ist – vielleicht geht wenigstens das noch: Liebe deinen Nächsten wie dich selbst – gerade auch, wenn der Nächste mein Mann gewesen ist oder meine Frau.

 

Es gilt das gesprochene Wort.

 

(1) https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/GesellschaftStaat/Bevoelkerung/EhenLebenspartnerschaften/EhenLebenspartnerschaften.html;jsessionid=64007D04E3F2AB792024436363E27217.InternetLive1

20.06.2018
Lucie Panzer