Ein starkes Herz hält dem Alltag stand

Morgenandacht
Ein starkes Herz hält dem Alltag stand
08.08.2016 - 06:35
07.08.2016
Pfarrerin Lucie Panzer

Die Gewalt hört nicht auf. Im Gegenteil: Anscheinend wird sie immer mehr. Alle paar Tage gibt es Nachrichten von einem Gewaltausbruch irgendwo in der Welt. So kommt es mir jedenfalls vor. Vor vier Wochen in Nizza das Attentat, mehr als 80 Tote und viele Verletzte. Davor der Anschlag auf einen Schwulenclub in Orlando in Florida, Anschläge in Bagdad, in der Türkei, in Somalia, in Paris, in Nizza und München und Ansbach, immer wieder Nachrichten von rassistischer Gewalt in den USA. Schwarze und Weiße schießen aufeinander in den USA. In Japan tötet ein junger Mann 19 Behinderte Immer wieder neu: Tote und Verletzte, vor Angst schreiende Menschen, verzweifelte Angehörige.

 

Ich mag mir gar nicht vorstellen, wie das ist, wenn ein Angehöriger bei so einem Gewaltausbruch ums Leben kommt. Menschen gehen zu einem Fest gehen und werden dort mutwillig überfahren. Mein Sohn ist mit dem Auto unterwegs und kommt nicht zurück: Erschossen. Oder ein Familienvater, der Polizist ist und deswegen getötet wird, aus Hass. Wie schrecklich.

 

Was kann man tun? „Pray for Munich“ hieß es im Internet. Vorher „Pray for Nizza“ und „Pray for Paris”. Anscheinend spüren viele: Beten könnte helfen. Beten für die Opfer und vor allem für ihre Angehörigen. Dass sie Trost finden. Menschen, die mit ihnen aushalten und ihnen beistehen. Dass sie nicht verloren gehen in ihrem Schmerz. Dass sie sich gehalten fühlen in Gottes guten Händen. Und dass der Hass sie nicht überwältigt. Dass Rachegedanken ihre und unsere Welt nicht noch mehr verfinstern. Dass ihre und unsere Herzen stark und tapfer werden, nicht von Angst, Verzweiflung und Gewalt zerfressen.

 

„Es ist nützlich und gut, wenn das Herz fest wird. Das geschieht durch Gnade“ weiß die Bibel (Hebr 13,9). Wahrscheinlich ein Schüler des Apostels Paulus hat das an Christen am Ende des ersten Jahrhunderts geschrieben. Auch damals gab es vieles, was die Menschen unsicher gemacht hat. Sie hatten gehofft, dass sehr bald Gottes neue Welt anfangen würde: ohne Leid, ohne Schmerzen und Tod. Dann würde ihr Leben leichter werden und besser. Und nun mussten sie sich damit zurecht finden, dass diese Hoffnung enttäuscht wurde. Krankheit und Tod hörten nicht auf. Menschen mussten leiden und sterben. Die Nachbarn schauten misstrauisch und feindselig auf die Christen. Viele gaben da ihren Glauben auf. Sie konnten nicht länger auf einen Gott vertrauen, der sie so enttäuscht hatte. Ihre Herzen waren zerfressen von Zweifeln und Wut: manche fühlten sich einfach betrogen in ihrer Hoffnung.

 

Da wünscht ihnen dieser Paulusschüler ein festes Herz. Stark und tapfer, nicht geschwächt von Enttäuschung, nicht zerfressen von Wut. Ein festes Herz, mit dem sie an ihrer Zuversicht und ihrem Gottvertrauen festhalten können. Ein starkes Herz, das dem Alltag standhält.

 

Ich weiß, und wir sehen es ja immer wieder: Menschen können viel Unheil anrichten. Die Gewaltausbrüche der letzten Wochen zeigen das. Das ist schwer auszuhalten. Aber dass unsere Herzen trotzdem nicht von Hass und Verzweiflung bestimmt werden, dafür können wir beten. Ich will das jedenfalls tun. Jetzt erst recht so wie viele andere auch.

 

Ich fürchte: Die Gewalt können wir nicht aus der Welt schaffen. Jedenfalls nicht mit Gegengewalt. Zwar ist jetzt wieder vom Kampf, auch vom Krieg gegen den Terror die Rede. Der Ausnahmezustand in Frankreich ist verlängert worden. Die Polizeikräfte auch bei uns werden aufgestockt. Das ist sicher nötig. Aber es gibt keinen verlässlichen Schutz. Gewalt fordert immer neue Gewalt heraus.

 

Dass dieser Kreislauf endet, darum sollten wir Gott bitten, finde ich. Dass sich Menschen ändern. Ein neues Herz kriegen heißt das in der Bibel. Ein neues, festes Herz und einen neuen Geist. Darum können und sollten wir beten, finde ich. Nur so kann die Gewalt aufhören. Wenn die Menschen umdenken. Wenn Gerechtigkeit und Barmherzigkeit in ihren Herzen ist und nicht Hass und Rachegedanken.

 

Sie finden das naiv, zu beten in Zeiten der Gewalt? Vielleicht ist es das. Aber mir tut es gut. Und wenn Sie es nicht können: Passen Sie auf ihr Herz auf!

07.08.2016
Pfarrerin Lucie Panzer