Großreinemachen

Morgenandacht
Großreinemachen
Fastensamstag
13.02.2016 - 06:35
27.12.2015
Pfarrerin Cornelia Coenen-Marx

Zeit für den Hausputz – äußerlich und auch innerlich. Die Fastenzeit ist perfekt, einmal wieder aufzuräumen, Überblick und Klarheit zu schaffen. Und Überflüssiges loszuwerden. Ein Zimmer, ein Schrank nach dem anderen: Brauche ich das noch? Habe ich es im letzten Jahr benutzt? Oder hängen wertvolle Erinnerungen dran? Soziologen stellen fest, dass die Zahl der Dinge in unserem Leben in den letzten Jahrzehnten um ein Mehrfaches gestiegen ist. Pioniere eines neuen Lebensstils beschreiben, wie gut man mit einer Beschränkung lebt. Weniger ist mehr: das macht beweglicher, klarer und freier.

 

Also: drei große Kisten: eine zum Verschenken, eine zum Wegwerfen, eine für den Keller- und dann geht es los. Manche entwickeln eine richtige Lust am Wegwerfen und schließen gleich noch einen Hausputz an, bis alles glänzt und die Frische duftet. Andere müssen sich zwingen, so wie ich, und kämpfen mit verbissenen Zähnen um die nötige Disziplin. Ich erinnere mich an die Umzüge, die hinter mir liegen. Und weiß: spätestens beim nächsten Umzug wird in der Wegwerfkiste landen, wovon ich mich jetzt so schwer trenne. Und ich weiß auch, wie schön es ist, bei einem Neuanfang all den alten Krempel hinter mir zu lassen. Mich neu einzurichten mit dem, was wirklich zu mir gehört. Kein Neuanfang ohne Großreinemachen.

 

Die Bibel erzählt, wie Jesus im Tempel von Jerusalem aufräumt. Er stößt die Tische der Verkäufer um, die am Rand der heiligen Hallen eine Art Markt aufgebaut haben. Geldwechsler, Andenkenverkäufer, andere mit Tauben und Schafen, die zum Opfern gebraucht werden. Geldgeklapper, Schafe blöken, Marktgebrüll. „Mein Haus soll ein Bethaus sein, aber Ihr habt daraus eine Räuberhöhle gemacht“, schreit Jesus, und wütet weiter. Ja, das muss man wohl so sagen - Jesus erweist sich als Berserker beim Aufräumen. Er macht das sozusagen mit Anlauf - offenbar weiß er genau, was nötig ist zum Beten, und was eben nicht. Wer aufräumt, braucht diese Klarheit, und er braucht auch ein Ziel. Hier geht es um einen Neuanfang mit Gott.

 

Das passt gut in die Fastenzeit. Schließlich geht es darum, zu prüfen, was wir brauchen und woran unser Herz hängt. Darum geht es, wenn wir auf Kaffee oder Alkohol verzichten, aber eben auch, wenn wir unsere Wohnung oder unser Leben aufräumen. Auch den Kalender kann man entmisten, damit Zeit bleibt für das, was wirklich wichtig ist. Es reicht, einfach an einer Ecke anzufangen. Dann kommt eine Bewegung in Gang, die überrascht. Was wir essen und trinken, wie wir wohnen und reisen, das sind eben nicht nur Äußerlichkeiten.

 

Auch in den alten Fastenbräuchen spielen die äußeren und die inneren Reinigungsrituale eine große Rolle. Zum Aschermittwoch ließen sich Gläubige kahl scheren, verzichteten auf Bier und Fleisch, wuschen ihren Geldbeutel aus und hängten ihn an die Wäscheleine. Loslassen sichtbar gemacht. Soviel Freiheit kann auch beängstigend sein. Ich denke deshalb noch einmal zurück an Jesus. Von denen, die ihm nachfolgten, erwartete er, dass sie radikal losließen, was ihnen bis dahin wichtig war: ihre Häuser und Familien, ihren Besitz. So wie er, ein Wanderprediger, unterwegs zu einer ganz neuen Welt. Er hatte klare Vorstellungen darüber, was seine Freunde mitnehmen sollten: keine Schuhe, keinen Beutel – stattdessen immer einen Freund an der Seite. Und den Wunsch nach Frieden.

 

Ich muss zugeben: ich reise mit größerem Gepäck. Soviel Mut, soviel Freiheit traue ich mir nicht zu. Aber sie beeindruckt mich. Und mir gefällt, wie Jesus einmal seine Jünger und Jüngerinnen fragt, ob sie denn je Mangel empfunden hätten. Sie antworten mit einem klaren Nein. Seine Nähe ist ihnen genug, seine Worte machen satt. Daran will ich in dieser Fastenzeit denken: im Loslassen erkennen, was wirklich satt macht. Beim Wegwerfen spüren, was das Leben wirklich ausfüllt. So ein Hausputz ist eine echte Chance.

27.12.2015
Pfarrerin Cornelia Coenen-Marx