O Heiland, reiß die Himmel auf

Morgenandacht
O Heiland, reiß die Himmel auf
08.12.2020 - 06:35
04.12.2020
Peter Oldenbruch
Sendung zum Nachhören

Die Sendung zum nachlesen: 

 

Musik: „O Heiland, reiß die Himmel auf...“ (EG 7)

 

Sprecherin:

„O Heiland, reiß die Himmel auf,
Herab, herab, vom Himmel lauf,
Reiß ab vom Himmel Tor und Tür,
Reiß ab, wo Schloss und Riegel für!“

 

Dichtete Friedrich Spee fast genau vor 400 Jahren. Spee war einer der ersten, die die Hexenprozesse kritisiert haben. Er gab zu bedenken, unter der Folter erzwungene Geständnisse könnten schlicht falsch sein. Und Friedrich Spee hat Hexenverfolgungen selbst erlebt. In Köln, Mainz oder Paderborn, als Beichtvater der verurteilten Frauen. Eine Tante Spees wurde als „Hexenkönigin von Bruchhausen“ hingerichtet.

Ich vermute, er hat sein Adventslied auch angesichts des Hexenwahns seiner Zeit gedichtet:

O Heiland reiß die Himmel auf!

 

Sprecherin:

„O Gott, ein' Tau vom Himmel gieß,
Im Tau herab, o Heiland, fließ.
Ihr Wolken, brecht und regnet aus
Den König über Jakobs Haus.“

 

Ein Schrei nach Gerechtigkeit ist das. Und nach Frieden! Vor allem für die Menschen, die ums nackte Leben kämpfen. Ganz ähnlich klingt´s in der dritten Strophe:

 

Sprecherin:

„O Erd, schlag aus, schlag aus, o Erd,
Dass Berg und Tal grün alles werd.
O Erd, herfür dies Blümlein bring,
O Heiland, aus der Erden spring.“

 

Alle Jahre wieder wird an Weihnachten vorgelesen:

 

Sprecherin:

„Es wird ein Reis hervorgehen aus dem Stamm Isais und ein Zweig aus seiner Wurzel Frucht bringen. Auf ihm wird ruhen der Geist des Herrn.“

 

Auf Jesus Christus beziehen Christenmenschen diese Jesaja-Vision. Mit Christus werden Berg und Tal grünen, wird es Hoffnung geben.

 

Sprecherin:

„Wo bleibst du, Trost der ganzen Welt,
Darauf sie all ihr Hoffnung stellt?
O komm, ach komm vom höchsten Saal,
Komm tröst uns hier im Jammertal.

O klare Sonn, du schöner Stern,
Dich wollten wir anschauen gern;
O Sonn, geh auf, ohn' deinen Schein
In Finsternis wir alle sein.“

 

Wo bleibst du, Trost der ganzen Welt? Fragt Friedrich Spee mitten im 30jährigen Krieg, in dem die Völker Europas einander abschlachteten und vor allem Deutschland verwüsteten. Und Friedrich Spee sah gleichzeitig das Elend der Frauen, die als Hexen verfolgt wurden. Spee, so sagt ein Zeitgenosse, habe bei keiner der Frauen, die er „zum Holzstoß begleitet habe, irgendetwas entdeckt, das ihn davon hätte überzeugen können, dass sie zu Recht der Hexerei beschuldigt waren. Nachdem sie zu ihm Vertrauen gefasst hätten, da sie merkten, dass sie von ihrem Beichtiger nichts zu fürchten brauchten, hätten sie dann mit entsetzlichem Wehklagen die Ungewissheit und die Bosheit der Richter sowie ihr eigenes Elend bejammert und hätten noch sterbend Gott zum Zeugen ihrer Unschuld angerufen.“[1]

 

Spee „konnte den Terror nicht stoppen; aber er konnte tun, was ein Einzelner tun kann: ihn anklagen.“[2]

Er nimmt das Elend wahr und wirft es Gott vor die Füße: O Heiland reiß die Himmel auf!

Friedrich Spee wurde nie heiliggesprochen. Sein Orden hat ihn - nach der Kritik an den Hexenprozessen - aus dem Verkehr gezogen. Er verlor seine Professur und wurde nach Trier versetzt. Dort hat er sich wieder den Ärmsten, die er fand, zugewandt. Das waren die Seuchenkranken des 30jährigen Krieges. Dabei steckte er sich an und starb im August 1635 in Trier.

 

Sprecherin:

„Ach komm, führ uns mit starker Hand vom Elend zu dem Vaterland.“

 

Ach, dass du den Himmel zerrissest! O Heiland reiß den Himmel auf! Wo bleibst du, Trost der ganzen Welt! Wer so betet und klagt und das eigne wie das fremde Elend Gott vor die Füße schmeißt, beginnt einen Dialog mit Gott. Gott wird zum Du. Und aus Sprachlosigkeit und wunschlosem Unglück kommen die so Betenden heraus.

 

Es gilt das gesprochene Wort.

04.12.2020
Peter Oldenbruch