Judas und Petrus

Morgenandacht

Gemeinfrei via Unsplash/ Shalone Cason

Judas und Petrus
Morgenandacht von Pfarrer Jörg Machel
11.04.2023 - 06:35
01.02.2023
Pfarrer Jörg Machel
Sendung zum Nachhören:

Feedback zur Sendung? Hier geht's zur Umfrage! 

Die Sendung zum Nachlesen: 

Den meisten Menschen fällt es schwer, sich zu ihrer Schuld zu bekennen. Von: „Ich war das nicht“ über „ich wollte das nicht“ bis zu „hör auf, ich will das nicht hören“ reichen die Reaktionen, wenn wir mit unserem Versagen konfrontiert werden.

Das war bei den Jüngern nicht anders. Judas, ein Mann aus dem engsten Freundeskreis hat Jesus an die Römer verraten. Mit dem sprichwörtlichen Judaskuss lieferte er ihn den Soldaten aus. Überliefert ist, dass Judas mit seiner Schuld nicht leben konnte. Die Bibel erzählt, dass er sich nach der Kreuzigung seines Herrn selbst das Leben nahm. Judas erhängte sich.

Der Apostel Petrus steht für den kleinen Verrat. Er hatte Jesus versprochen, notfalls für ihn zu sterben, auf keinen Fall würde er ihn im Stich lassen. Bei der Gefangennahme Jesu zückte er das Schwert und hieb einem Soldaten ein Ohr ab. Er war zum Kampf bereit und damit auch zu sterben, denn die Überlegenheit der Römer war offensichtlich. Doch Jesu ignorierte Petrus‘ Heldenmut und heilte den Soldaten. Petrus fühlte sich verraten. Die Sache mit Jesus war für ihn erledigt. Und so merkte er es gar nicht, als er Jesus später verleugnete. Eine Frau hatte ihn als einen seiner Jünger wiedererkannt. Beim Hahnenschrei wurde es ihm bewusst und er weinte.

Schuldig zu werden gehört offenbar zum Menschsein dazu. Das ist wohl die Botschaft dieser beiden Passagen der Ostergeschichte. Mir als Leser stellt sich die Frage: Wie sollten wir Menschen damit umgehen, dass wir immer wieder schuldig werden?

In letzter Zeit gab es einige wenige Prozesse gegen ehemalige KZ-Angestellte, sie wurden als letzte Überlebende der Tätergeneration zur Verantwortung gezogen. Aber sie schwiegen oder sie reagierten mit Ausflüchten und Erinnerungslücken.

Das empört die wenigen noch lebenden Opfer, aber es schmerzt auch mich. Wie befreiend auch für uns Nachgeborene wäre es, wenn die ungeschönte Wahrheit auch aus der Täterperspektive einmal ausgesprochen würde. Wenn all die Verblendungen, die Ängste, der Hass öffentlich eingestanden würden.

Hilke Rüggeberg hat erste Schritte in diese Richtung gewagt. Die heute 98jährige Frau hat gewagt, sich zu erinnern. Ihre glühende Verehrung für Adolf Hitler, ihren Glauben an die Überlegenheit der arischen Rasse, ihre Herzlosigkeit gegenüber den Opfern der Naziherrschaft hat sie in einem Brief an Kinder, Enkel und Urenkel niedergeschrieben. Sie hat sich auf die ehrliche Suche nach der Wahrheit ihres Lebens gemacht. Ob diese Wahrheit sie frei macht? (Johannes 8, 32)

Von einer Journalistin hat sie sich kritisch befragen lassen und wurde damit noch einmal verunsichert: War sie nur unwissende Mitläuferin oder wurde sie nicht doch zur Mittäterin. Wie weit reicht ihre Erinnerung wirklich? War manches zu schrecklich, um erinnert zu werden?

Leicht ist es nicht, der Wahrheit auf die Spur zu kommen. Aber eine Spurensuche ist unabdingbar, um die Ereignisse und vor allem sich selbst zu verstehen. Das Ganze war ein schmerzlicher Prozess, so erzählt Hilke Rüggeberg. Mit dem Zusammenbruch der Hitlerdiktatur hatte ihre Spurensuche noch nicht einmal angefangen, so bekennt sie schamvoll. Erst 75 Jahre nach Kriegsende kann sie darüber reden. Sie bleibt unsicher über das, was sie erinnert und das, was sie so tief verdrängt hat, dass sie es nicht mehr zu erinnern vermag.

Immerhin, Hilke Rüggeberg hat damit begonnen, sich ihrer Vergangenheit zu stellen. Einen Schlussstrich gibt es nicht, aber nur auf diesem Wege kann es ihr gelingen, mit sich und ihrer Schuld ins Reine zu kommen.

Den meisten Menschen fällt es schwer, sich zu ihrer Schuld zu bekennen. Von: „Ich war das nicht“ über „ich wollte das nicht“ bis zu „hör auf, ich will das nicht hören“ reichen die Reaktionen, wenn wir mit unserem Versagen konfrontiert werden.

Das war bei den Jüngern nicht anders. Judas, ein Mann aus dem engsten Freundeskreis hat Jesus an die Römer verraten. Mit dem sprichwörtlichen Judaskuss lieferte er ihn den Soldaten aus. Überliefert ist, dass Judas mit seiner Schuld nicht leben konnte. Die Bibel erzählt, dass er sich nach der Kreuzigung seines Herrn selbst das Leben nahm. Judas erhängte sich.

Der Apostel Petrus steht für den kleinen Verrat. Er hatte Jesus versprochen, notfalls für ihn zu sterben, auf keinen Fall würde er ihn im Stich lassen. Bei der Gefangennahme Jesu zückte er das Schwert und hieb einem Soldaten ein Ohr ab. Er war zum Kampf bereit und damit auch zu sterben, denn die Überlegenheit der Römer war offensichtlich. Doch Jesu ignorierte Petrus‘ Heldenmut und heilte den Soldaten. Petrus fühlte sich verraten. Die Sache mit Jesus war für ihn erledigt. Und so merkte er es gar nicht, als er Jesus später verleugnete. Eine Frau hatte ihn als einen seiner Jünger wiedererkannt. Beim Hahnenschrei wurde es ihm bewusst und er weinte.

Schuldig zu werden gehört offenbar zum Menschsein dazu. Das ist wohl die Botschaft dieser beiden Passagen der Ostergeschichte. Mir als Leser stellt sich die Frage: Wie sollten wir Menschen damit umgehen, dass wir immer wieder schuldig werden?

In letzter Zeit gab es einige wenige Prozesse gegen ehemalige KZ-Angestellte, sie wurden als letzte Überlebende der Tätergeneration zur Verantwortung gezogen. Aber sie schwiegen oder sie reagierten mit Ausflüchten und Erinnerungslücken.

Das empört die wenigen noch lebenden Opfer, aber es schmerzt auch mich. Wie befreiend auch für uns Nachgeborene wäre es, wenn die ungeschönte Wahrheit auch aus der Täterperspektive einmal ausgesprochen würde. Wenn all die Verblendungen, die Ängste, der Hass öffentlich eingestanden würden.

Hilke Rüggeberg hat erste Schritte in diese Richtung gewagt. Die heute 98jährige Frau hat gewagt, sich zu erinnern. Ihre glühende Verehrung für Adolf Hitler, ihren Glauben an die Überlegenheit der arischen Rasse, ihre Herzlosigkeit gegenüber den Opfern der Naziherrschaft hat sie in einem Brief an Kinder, Enkel und Urenkel niedergeschrieben. Sie hat sich auf die ehrliche Suche nach der Wahrheit ihres Lebens gemacht. Ob diese Wahrheit sie frei macht? (Johannes 8, 32)

Von einer Journalistin hat sie sich kritisch befragen lassen und wurde damit noch einmal verunsichert: War sie nur unwissende Mitläuferin oder wurde sie nicht doch zur Mittäterin. Wie weit reicht ihre Erinnerung wirklich? War manches zu schrecklich, um erinnert zu werden?

Leicht ist es nicht, der Wahrheit auf die Spur zu kommen. Aber eine Spurensuche ist unabdingbar, um die Ereignisse und vor allem sich selbst zu verstehen. Das Ganze war ein schmerzlicher Prozess, so erzählt Hilke Rüggeberg. Mit dem Zusammenbruch der Hitlerdiktatur hatte ihre Spurensuche noch nicht einmal angefangen, so bekennt sie schamvoll. Erst 75 Jahre nach Kriegsende kann sie darüber reden. Sie bleibt unsicher über das, was sie erinnert und das, was sie so tief verdrängt hat, dass sie es nicht mehr zu erinnern vermag.

Immerhin, Hilke Rüggeberg hat damit begonnen, sich ihrer Vergangenheit zu stellen. Einen Schlussstrich gibt es nicht, aber nur auf diesem Wege kann es ihr gelingen, mit sich und ihrer Schuld ins Reine zu kommen.

Es gilt das gesprochene Wort.

01.02.2023
Pfarrer Jörg Machel