Lass uns lachen-Tag

Morgenandacht
Lass uns lachen-Tag
19.03.2020 - 06:35
30.01.2020
Petra Schulze
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Justus ist fünf und überrascht seine Mutter Anna immer wieder mit lustigen Bemerkungen. Zum Beispiel mit dieser: Anna sagt: „Justus, morgen fahren wir zu einer Beerdigung.“ Darauf Justus: „Wieso, wer stirbt denn?“ – Beim Kaffee erzählt meine Freundin Anna von diesem Dialog mit ihrem kleinen Sohn. Die Runde lacht. Ein ernstes Thema. Doch jetzt und hier bekommt das Thema Tod plötzlich ein heiteres Gesicht. Dem Tod ins Gesicht lachen. Selbst in Zeiten von Krankheit, Terror und Krieg. Wenigstens ein Kaffeestündchen lang. Diesen düsteren Genossen einfach mal in die Schranken weisen. Ihm zeigen: „Du, nimm dich mal nicht so ernst. Wir tun‘s jetzt auch nicht.“ Das tut gut. Kaffeekanne und Tortenplatte kreisen und wir kreisen um die lustigsten Grabsteinsprüche. Die finden sich in einem Buch, das Anna mal geschenkt bekommen hat und das sie aus dem Regal holt. Ein Buch nach dem Motto: Wenn wir schon irgendwann tot sind, sollen die anderen auf jeden Fall noch was zu lachen haben. Oder mit dem Komiker Stan Laurel gesprochen: „Wenn jemand auf meinem Begräbnis ein langes Gesicht macht, spreche ich nie wieder mit ihm.”

Für unsere leicht hypochondrisch veranlagte Freundin Svea, die jeden Tag ein anderes Zipperlein hat, finden wir diesen Grabstein-Spruch: „Jetzt glaubt ihr endlich, dass ich krank war!“ Schmunzelnde Grabbesucher stellen wir uns auch vor, wenn auf dem Grabstein steht: „Hereinspaziert - ist offen!“ Oder: „Bin im Keller.“ Oder: „Nicht wegwerfen. Der kommt wieder.“ Oder: „Hier ruht der Zahnarzt Kresmer, er hinterlässt eine schmerzliche Lücke.“

Und dieser Grabsteinspruch baut richtig auf: „Kopf hoch!“

Anna fällt noch ein Spruch ein: „Was Ihr seid, waren wir. Was wir sind, werdet Ihr.“ Komisch und nachdenklich zugleich. Wir werden still.

„Noch ein bisschen Sahne?“, fragt Anna. Ich nicke und sage: „Stellt Euch vor. Eines Tages haben wir den Löffel abgegeben und an unseren Gräbern amüsieren sich die Leute so wie wir uns heute.“

Dem Tod an den Gräbern eine lange Nase ziehen und lachend das Leben spüren, das ist nicht pietätlos. Das ist sogar christlich, denke ich. Und ich erzähle von der „hilaritas“. Das bedeutet Heiterkeit und innere Klarheit, Fröhlichkeit und Helligkeit. Schon für die frühen christlichen Mönche war die „hilaritas“ ein Zeichen dafür, dass ein Glaubender wirklich in sich ruhte und mit sich versöhnt war. Sich selbst mit seinen Höhen und Tiefen, Stärken, Fehlern und Schwächen kennen, sich von Gott genauso angenommen fühlen, wie man ist, akzeptieren: Das Leben ist endlich – das befreit. Ich kann gelassener in die Welt sehen, ohne naiv zu sein. Mein Humor kann sich an solchem Glauben entwickeln. Und ich muss nicht nur, sondern kann sogar den Tod akzeptieren – ohne dass er mein ganzes Leben verdunkelt.

„Der im Himmel wohnt, lacht ihrer“, heißt es in der Bibel. Gott lacht hier die selbstherrlichen Herrscher einfach aus. Die sich mächtig aufblähen und das Volk verhöhnen, die Lügen verbreiten und für die Gewalt das Mittel der Wahl ist. An Annas Kaffeetafel müssen wir nicht lange nachdenken, wer uns heute dazu einfällt. Ein Freund meint: Gewaltherrscher aller Zeiten hatten Angst vor den Possenreißern. Denn der Humor hat den Menschen die Angst genommen. Der Clown ist komisch, weil er zeigt: Die Welt ist voller Gefahren und Schwierigkeiten und schlimmer Machthaber. Doch seht: Mich werden diese Dinge nicht schaffen! Humor ist eine trotzige Weise, sich dem Leben zu stellen. Er wirkt entängstigend, setzt Energien und Lösungspotentiale frei.

Dabei ist Humor nicht das Gleiche wie Lachen. Humor bezieht sich anders als das Lachen immer auch auf das Leid. „Humor ist (…) die Freude, welche die Welt überwunden hat“, meinte der Theologe und Philosoph Sören Kierkegaard. Anna erzähle ich noch, was mir mein Klassenlehrer ins Poesie-Album geschrieben hat. Ich war damals immer ein bisschen nachdenklich und still… Er schrieb etwas von Theodor Fontane: „Sei heiter! Es ist gescheiter als alles Gegrübel: Gott hilft weiter – zur Himmelsleiter werden die Übel.“

Das, finde ich, gilt auch und erst recht beim Thema Tod.

 

 

Es gilt das gesprochene Wort.

30.01.2020
Petra Schulze