Mein Gott, wie schön…

Morgenandacht
Mein Gott, wie schön…
13.08.2016 - 06:35
13.08.2016
Pfarrerin Lucie Panzer

„Wenn der Sommer nicht mehr weit ist, und der Himmel violett, weiß ich, dass das meine Zeit ist,
weil die Welt dann wieder breit ist, satt und ungeheuer fett.“

So fängt ein Lied des Münchner Liedermachers Konstantin Wecker an.

 

1975, als das Lied entstanden ist, war er  Ende 20 und hat wahrscheinlich vor allem an eine Welt voller Erotik gedacht. Wie schön! Aber  zum Sommer gehört noch mehr, was man sehen, fühlen, hören, schmecken und riechen kann.  Vielerorts riecht es nach gemähtem Getreide und nach Lavendel, die ersten Sommeräpfel sind frisch und saftig und abends singt die Amsel auf der Fernsehantenne auf dem Nachbarhaus. Kein Wunder, dass die Liedermacher zu allen Zeiten von der schönen Sommerzeit gesungen haben.

 

Und es ist kein Wunder, finde ich, dass manchen dann der liebe Gott einfällt. „Mein Gott, wie schön!“ das kommt vielen in den Sinn und über die Lippen, wenn die Dahlien und die Rosen so üppig blühen. Man könnte meinen, Gott selbst will einen damit erinnern: Schaut doch mal, wie schön ich die Welt für euch gemacht habe!

 

Man kann ja sehr verschieden auf die Natur schauen. Ich denke an die riesige Linde, die ich im Urlaub gesehen habe. Ein Förster sagt vielleicht: Lindenholz kann man nicht zum Bauen brauchen und auch nicht gut zum Heizen. Aber die kostbarsten Figuren und Altäre sind aus dem weichen Lindenholz geschnitzt. Ein Apotheker könnte sagen: Lindenblütentee ist gut bei Erkältung. Und ein Biologe weiß, dass Linden Malvengewächse sind und bis 1000  Jahre alt werden können.

 

Man kann aber auch einfach staunen: 35 Meter hoch stand die Linde vor einem Gasthaus, ebenmäßig gewachsen, die Blüten haben geduftet und als ich darunter stand und hinauf geschaut habe, konnte ich die Sonne durch die Blätter blitzen sehen. „Mein Gott wie schön!“  wie gut hatte ich es  an diesem Sommermorgen!

 

„Lobet den Herren!“ haben deshalb die Liedermacher früherer Zeiten gesungen. Paul Gerhardt zum Beispiel, den die Schönheit der Natur inspiriert hat. Sein Lied gehört zu den bekanntesten Kirchenliedern. Paul Gerhardt lobt Gott, weil der so wunderbar für seine Menschen sorgt. „Lobet den Herren, alle die ihn ehren, lasst uns mit Freuden, seinem Namen singen“. Und in der nächsten Strophe lobt er, was scheinbar selbstverständlich ist - und doch beim näheren Betrachten ein kleines Wunder: „Der unser Leben, dass er uns gegeben, in dieser Nacht so väterlich bedecket und aus dem Schlaf uns fröhlich auferwecket. Lobet den Herren!“

 

Aber – kann man denn Gott so naiv loben? Gibt es nicht genug Unheil und Elend in der Welt, Krieg und Naturkatastrophen, das einem das Loben vergeht und das Singen im Halt stecken  bleiben müsste?

 

Aber einem Mann wie Paul Gerhardt kann man  einen naiven Glauben  kaum vorwerfen, finde ich. Als er sein Lied 1653 gedichtet hat, da war der 30jährige Krieg gerade erst fünf Jahre vorbei. Paul Gerhardt hatte seine Schrecken erlebt, sein Heimatort und sein Elternhaus waren zerstört. Ganz in seiner Nähe ist die Bürgerstadt Magdeburg untergegangen. Die Elbe soll rot vom Blut der Getöteten gewesen sein, die ganze Stadt wurde verbrannt. 4 von 5 Kindern Paul Gerhardts sind an der Pest gestorben, die dem Krieg gefolgt war.

 

Nein, die Welt ist nicht das Paradies, das hat  der Dichter auch gewusst. Sie war es damals nicht und sie ist es heute nicht. Aber Paul Gerhardt sieht nicht bloß die Schrecken und Gefahren. Er vertraut auch darauf: Gott lässt diese schreckliche, schöne Welt nicht im Stich und ihre Menschen auch nicht. Obwohl so vieles geschieht, was einfach nicht zu fassen ist. In einem anderen Lied  bittet Paul Gerhardt mit Blick auf Gott : „Er gebe uns ein fröhlich Herz, erfrische Geist und Sinn und werf‘ all Angst, furcht, Sorg und Schmerz ins Meeres Tiefe hin.“

 

Paul Gerhard weiß:  Gerade weil es manchmal zum Verzweifeln ist,  braucht man dieses fröhliche Herz und  diesen frischen Geist. Denn damit kann man vieles zum Guten wenden. Dafür bittet  er um Gottes Beistand: „Treib unsern Willen, dein Wort zu erfüllen. Hilf uns gehorsam wirken deine Werke. Und wo wir schwach sind, Gott, gib du uns Stärke“.

13.08.2016
Pfarrerin Lucie Panzer