Siebenschläfer

Morgenandacht
Siebenschläfer
27.06.2020 - 06:35
07.05.2020
Holger Treutmann
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Das kann noch dauern.

Sieben Wochen soll das Wetter so bleiben, wie es heute ist.

Regnet es, dann bleibt es regnerisch über Wochen.

Scheint die Sonne, könnten uns helle Sommertage beschieden sein,

vielleicht sogar Trockenheit. So sagt es die Volksweisheit:

„Ist der Siebenschläfer nass, so regnet’s ohne Unterlass.“

Auch wenn man nicht viel auf Bauernregeln gibt, rein meteorologisch lassen sich stabile Wetterlagen von heute an für sieben Wochen durchaus nachweisen.

Ausnahmen gibt es immer, und regionale Unterschiede sowieso.

 

Aber so ein Lostag, der hat schon seinen Charme. Wenn einer sagen kann, wie es für alle in der nächsten Zeit aussehen wird. Ein kleiner Prophet im Kalender.

 

Das kann noch dauern, bis ein Impfstoff gefunden wird. Nein, es war nicht nur eine siebenwöchige Fastenzeit, die uns von Mitte März an in den späten Winterschlaf geschickt hat. Wir müssen uns darauf einrichten, dass in den nächsten sieben Monaten, oder wer weiß wie lang, die Infektionsgefahr nicht vollständig gebannt ist. Auch wenn wir Stück für Stück zur Normalität in Arbeit, Handel und Tourismus zurückkehren, eine langfristige Bedrohung ist sehr wahrscheinlich.

 

Umweltkrise, Finanzkrise, Flüchtlingskrise und nun auch die pandemische Krise – sie haben eines gemeinsam: Sie dauern. Es sind Probleme, die so komplex sind, dass sie nur weltweit gelöst werden können. Sie stellen unseren Lebensstil grundsätzlich in Frage. Grenzen schließen, Zinsen senken, den Markt mit Geld fluten, Masken tragen. Das können Maßnahmen sein, die kurzfristig und regional das Schlimmste verhindern und ein wenig Luft verschaffen.

Insgesamt aber müssen wir uns den langfristigen Fragen dieser Welt stellen. Sieben Jahre, vielleicht auch sieben Jahrzehnte kann es dauern. Aber ein Umsteuern ist heute notwendig. Und seien es nur erste Schritte.

 

In der alten christlichen Legende von den sieben Schläfern wird erzählt, dass die sieben Gläubigen den Eid auf den römischen Kaiser verweigert haben. Aus Furcht vor Verfolgung sind sie in eine Höhle geflohen. Dort gefunden, wollte man sie lebendig begraben. Der Zugang zur Höhle wurde verschlossen. Aber sie starben nicht, sondern fielen in einen gesegneten Schlaf - bis die Zeiten der Christenverfolgung vorüber waren.

 

Tatsächlich kann es solche Zeiten geben, wo man sich in der Bedrohung bewusst zur Untätigkeit zwingen muss, um gerettet zu werden und um neu Orientierung zu finden.

Durch Stillesein und Vertrauen würdet ihr stark sein, sagt der Prophet Jesaja einmal

(Jes 30, 15).

Aber ein solcher Rückzug ist nicht passiv wie in einem naiven Schlaf, der hofft, dass alles nur ein schlechter Traum ist, wir wieder aufwachen und dann ist alles wieder gut, am besten so wie vorher.

 

Vielmehr ist die Zeit des Rückzugs eine Zeit innerer Aktivität und aufmerksamer Suche.

Der Apostel Paulus beschreibt einmal mit einer Kette von Worten, wie sich innere Kräfte dynamisch entwickeln, um den äußeren Gegebenheiten gewachsen zu sein:

 

Wir rühmen uns auch der Bedrängnisse, weil wir wissen, dass Bedrängnis Geduld bringt, Geduld aber Bewährung, Bewährung aber Hoffnung, Hoffnung aber lässt nicht zuschanden werden; denn die Liebe Gottes ist ausgegossen in unsre Herzen durch den Heiligen Geist. (Röm 5, 3-5)

 

Es gibt eine Haltung zum Leben, die die Bürden der Welt bewusst übernimmt.

Schnelle Lösungen gibt es nicht. Sicher werden die Schritte in eine neue Zukunft nicht ohne Irrtum sein. Aber mit der Hoffnung als Wegweiser und mit der Liebe im Herzen werden sich Wege auftun. Möglicherweise ergänzen sich Ideen zur Verbesserung des Klimas mit denen zur gerechten Steuerung der Geldflüsse. Vielleicht verringert fairer Handel weltweite Fluchtbewegungen, und ökologische Landwirtschaft verhindert Infektionsrisiken. Es wird dauern, aber die Perspektiven sind da. Sie harren auf Bewährung.

 

 

Es gilt das gesprochene Wort.

07.05.2020
Holger Treutmann