A und O

Morgenandacht
A und O
21.08.2021 - 06:35
10.08.2021
Petra Schulze
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Das ist das A und O. Das ist das Wichtigste. Das Beste. Der Kern.

Das ist das A und O – diese Redewendung kommt vom griechischen Alphabet, das mit dem Buchstaben A – wie Alpha beginnt und mit O – wie Omega endet. A und O umfassen alle anderen Buchstaben. Im A und O ist alles inbegriffen.

 

Was ist mein A und O? Was ist der Kern, wenn alles um mich herum sich ständig wandelt. Mutiert. Und ich mein Leben ständig neu buchstabieren muss.

 

Die ganze Welt schaut auf das Alphabet der Corona-Varianten. Die werden ja inzwischen nach dem griechischen Alphabet benannt: Jetzt Delta. Hoch ansteckend. Weitere Varianten sind bereits gefolgt.

Die Pandemie hat alles bestimmt. Bis das Hochwasser kam. Da war es wichtiger, Menschen vor dem Wasser zu retten, buchstäblich aus dem Schlamm zu ziehen.

 

Natürlich, das Leben selbst, es ist das Wichtigste. Wir tun viel, um es zu erhalten.
Doch was ist das A und O in meinem Leben? Was ist mir unbedingt wichtig?

 

Als ich Mitte zwanzig war, hat mich jemand gefragt: „Wonach streben Sie? Wollen Sie glücklich sein im Leben?“ Glück, was ist das, hab´ ich mich gefragt. Vielleicht ist es das, was die christlichen Mystikerinnen und Mystiker so beschreiben: Eine Art tiefe Freude, in der für einen Augenblick alle seelischen Bedürfnisse gestillt sind. Eine Freude, die satt macht. Oder den Durst stillt – bildlich gesagt. Gott sagt: „Ich bin das A und O, der Anfang und das Ende. Wer durstig ist, dem gebe ich umsonst zu trinken. Ich gebe ihm Wasser aus der Quelle des Lebens.“ (Offenbarung 21,6 Gute Nachricht) Und Gott wird abwischen alle Tränen am Ende der Zeiten.

 

Aber was heißt das für mich jetzt und hier? „Ich wünsche mir meine Grundfröhlichkeit zurück“, sagt ein Student zu mir, der in einer depressiven Phase steckt.

„Das…“, meint der italienische Mönch und Ordensgründer Franz von Assissi, "… ist der große Triumph des Teufels, wenn er uns die Fröhlichkeit des Geistes rauben kann. (…) Ist einer aber traurig und meint er, verlassen zu sein in seinem Kummer, so reibt ihn entweder die Traurigkeit auf, oder er überlässt sich leeren Zerstreuungen.

Wenn sich die Traurigkeit festsetzt, wächst das Übel. Wenn es sich nicht in Tränen löst, bleibt ein dauernder Schaden“. (Franz von Assisi (1181/82-1226)) (1)

 

Die Traurigkeit nicht verdrängen, sondern fließen lassen... Einander helfen, die Grundfröhlichkeit wieder oder neu zu entdecken in sich, die Gott allen ins Herz legt. Als Gegengift. Damit wieder Platz wird für die Freude. Das klingt mir nach einer sinnvollen und wichtigen Aufgabe. Damit ich nicht abstumpfe und resigniere in einem Leben, das ständig gefährdet ist. In dem sich oft Verlust und Abschied aneinanderreihen. Geplatzte Träume, Krankheit, Armut, Mobbing, das Gefühl mit sich selbst und der Welt nicht klarzukommen. Katastrophen, die mein Urvertrauen erschüttern.

 

Aber da und jetzt von Freude sprechen? Das fällt schwer. Und doch: Ja, gerade da. In die Pandemie, das Hochwasser und die Depression hinein: „Vergeßt das Beste nicht!“, hat die evangelische Theologin Dorothee Sölle an ihre Enkelkinder geschrieben. In eurem Leben „… soll Gott drin sein…“ Ohne dieses Fundament im Leben ist unsere Freude „immer auf Anlässe und Sachen bezogen“, sagt sie. Und die fehlen ja manchmal. „Aber die (…) Lebensfreude, das Glück, am Leben zu sein, ist nicht eine Freude, weil es Erdbeeren oder schulfrei oder einen wunderbaren Besucher gibt“, sagt Sölle. Sondern: „Die wirkliche Freude ist ohne Warum.“ (2)

 

Die Lebensfreude, die einfach da ist, ohne Warum. Sie ist ein glänzender Schatz in meiner Seele. Vielleicht verschüttet. Doch unzerstörbar. Sie macht mich satt. Stillt meinen Durst – bildlich gesprochen. Sie macht mich fröhlich und stark.

„Du legst den Grund dafür, danke, Gott! In deinem A und O bin ich eingebettet.“ Gehalten.
Das in den Tiefen meiner Seele zu spüren, das ist mein A und O.

 

Es gilt das gesprochene Wort.

 

 

( 1 ) Dorothee Sölle: Mystik und Widerstand. „Du stilles Geschrei“, München: Piper Verlag, 6. Auflage, 2003. S. 237 Franziskus

 

( 2 ) Dorothee Sölle: Erinnert euch an den Regenbogen. Texte, die den Himmel auf Erden suchen, Freiburg im Breisgau: Verlag Herder, 4. Auflage,1999. S.142ff Was zählt – Brief an meine Kinder; S.146ff.
 

 

 

 

10.08.2021
Petra Schulze