Was sollen wir tun

Morgenandacht
Was sollen wir tun
23.05.2015 - 06:35
03.04.2015
Pfarrerin Sigrun Welke-Holtmann

Die Frage ist so alt wie die Menschheit: „Was soll ich denn tun?“ Heute formuliert man sie eher so, dass es nach einer eigenen Entscheidung aussieht: „Was kann ich denn tun?“

 

In jedem Fall ist es die Frage nach dem richtigen Verhalten. Und diese Frage zielt, auch wenn das gar nicht mehr so bewusst ist, auf eine höhere Macht, eine Macht, die das Richtige kennt, die Bescheid weiß und den Überblick über das Ganze hat. Im Mittelalter ist Martin Luther ein populärer Vertreter dieser Frage gewesen: „Was soll, was kann ich tun, damit ich einen gnädigen Gott bekomme?“

 

Heute steht eher anderes als ein gnädiger Gott vor Augen: „Was kann ich denn tun, um möglichst lange gesund zu sein – perfekt auszusehen – eine glückliche Familie zu haben – zufrieden zu leben?“

Ratgeber widmen sich diesen Fragen, gedruckt, auf DVD oder im Internet, der Markt boomt. Sie geben Patentrezepte für jedes Problem und versprechen gar, die Formel zum Glücklich-Sein gefunden zu haben. Vor allem aber machen sie erst einmal darauf aufmerksam, dass man dieses oder jenes Problem überhaupt hat.

 

„Was sollen wir tun?“ diese Frage ist zugleich ein Indikator dafür, dass etwas nicht richtig läuft, dass es Probleme gibt und man das richtige Verhalten, den richtigen Weg, die richtige Ausrichtung noch nicht gefunden hat. Aber woran merkt man das?

 

Im Alten Testament waren es die Prophetinnen und Propheten, die genau darauf aufmerksam gemacht haben, Männer und Frauen, die kein Blatt vor den Mund genommen haben, die ihren Mund im Namen Gottes aufgemacht haben und nicht den Mächtigen nach dem Mund geredet haben.

 

In ihrer Tradition steht Johannes der Täufer. „Ihr Schlangenbrut“ so geht Johannes seine Zuhörerinnen und Zuhörer an und schmeißt ihnen ihr Problem förmlich vor die Füße:

„Für euch ist es Zeit, umzudenken, umzukehren und euren Weg neu zu bedenken!“

Ausreden lässt Johannes nicht zu, ein Sich-Herausreden ist unmöglich: ‚Dein Weg wird nicht deswegen richtig, weil deine Vorfahren richtig gegangen sind, sondern nur, weil du richtig gehst.’

Und das ist der Punkt, an dem sich seine Zuhörerinnen und Zuhörer die Frage stellen: Was sollen wir denn tun?

Was folgt, ist eine konkrete und doch zeitlose ethische Unterweisung. Die Menschen, selbst Außenseiter wie Zöllner und Soldaten bekommen einen Weg zum Umdenken gezeigt:

 

Teilen und damit die Erfüllung des Gebotes der Nächstenliebe, nicht mehr zu fordern, als vorgeschrieben, kein Unrecht zu tun.

Eigentlich einfach und doch auch wieder nicht, für die, die zuhören und fragen.

Im Lichte der Verkündigung Jesu erscheinen Johannes Forderungen jedoch wie ein Anfang, eher gemäßigt. Später wird Jesus radikalere Antworten auf dieselbe Frage „Was soll ich denn tun?“ geben.

Teilen ist auch bei ihm eine zentrale Antwort, doch soll dieses Teilen nicht zur Schau gestellt werden. Jesus geht sogar so weit, dass die linke Hand dabei nicht wissen soll, was die rechte tut... Es geht nicht nur um Menschenfreundlichkeit, sondern um Menschen- ja sogar um Feindesliebe.

 

Im Angesicht der aktuellen Katastrophen versuchen viele Hilfsorganisationen Menschen heute, zum Umdenken und zum Teilen zu bewegen. Sie stellen uns die Probleme anderer Menschen vor Augen, Probleme, die in einer globalen Welt irgendwie auch unsere eigenen Probleme sind. Laut und immer wieder stellen sie die Frage nach dem richtigen Weg, dem richtigen Denken und Handeln: „Was soll, was kann ich tun?“

Ich könnte mich dieser Frage stellen. Bereit sein, umzudenken. Den Weg ein Stück weiter gehen und andere mitnehmen, abgeben von meiner Wegzehrung. Nicht auf meine Hände achten, sondern auf die, mit denen ich teile.

Und unterwegs schon entdecken, dass Nächstenliebe mir selbst auch gut tut.

03.04.2015
Pfarrerin Sigrun Welke-Holtmann