Der Wert der Arbeit

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Gemeinfrei via unsplash / Emmanuel Ikwuegbu

Der Wert der Arbeit
27.08.2022 - 10:00
24.08.2022
Diederich Lüken

Der Wert der Arbeit erschließt sich auf besondere Weise dann, wenn man keine Arbeit mehr hat. Denn was ist der Mensch ohne Arbeit? Viele Gutsituierte behaupten, er sei ein Nichts, ein Schmarotzer, der von dem Geld lebt, das andere erarbeitet haben. Dabei haben sie selbst von der Arbeitssuche keinen Schimmer – von der Warteschlange bei der Agentur für Arbeit, von der Langeweile, auch der Depression, in die ein arbeitsloser Mensch geraten kann, von der Scham, zum Beispiel wenn man das Kind nicht auf Klassenfahrt mitschicken kann. Und die Demütigung durch die Personalstellen, die einen Arbeitssuchenden „ausziehen bis aufs Hemd“ und ihm anschließend mitteilen, dass er leider doch nicht gebraucht werde. Arbeitslose geraten schnell ins gesellschaftliche Abseits und können an kulturellen Veranstaltungen wegen des Geldmangels nicht mehr teilnehmen. Für die meisten Menschen, die doch Geld verdienen wollen und müssen, ist das ein Horror. Zugegeben – dass es auch Menschen gibt, die „Hartz 4“ ausnutzen und jede Arbeit meiden, ist sicherlich zutreffend, aber als pauschales Klischee nicht brauchbar.

Eine andere Art von Sklaverei

Der Unwert von Arbeit ist ebenso offensichtlich. Es gab in der Antike Menschen und gibt bis heute, für die die Arbeit ein Horror ist. Es sind oft reiche Leute, die sich um nichts mehr wirklich zu kümmern brauchen. In der Zeit des Neuen Testaments taten die Sklaven die notwendige Arbeit, die eben unausweichlich ist, wenn der Mensch leben will. Die Arbeit auf den Feldern, in den Mühlen, in den Bäckereien galt als Schande. Doch manchmal war der Sklave dem Sklavenhalter intellektuell weit überlegen. Er wurde dann der Lehrer der Kinder oder eine Art Hausarzt.

In der heutigen Zivilisation gibt es keine direkte Sklavenarbeit. Die Sklaven sind jedoch nicht ausgestorben, sondern andere Umstände haben eine andere Art der Sklaverei hervorgerufen. Wie sonst soll man es verstehen, wenn in fernen Ländern die Menschen, unter ihnen sind Kinder, zwölf oder mehr Stunden am Tag für einen Hungerlohn arbeiten müssen, auf dass wir billige Unterwäsche kaufen können? Wie sonst soll man den Menschenhandel verstehen, in dem Frauen erbarmungslos ihren Freiern ausgeliefert werden - und dazu noch von ihren Familien ausgestoßen?

Wert und Würde

Arbeit hat ihren Wert. Sie ist notwendig, weil sie das Leben erst ermöglicht.  Ohne Arbeit gäbe es nichts, womit wir uns am Leben erhalten könnten. In der Bibel ist Arbeiten trotz der Schinderei auf dem Acker, die Adam auf sich nehmen musste, ein Mitwirken an Gottes guter Schöpfung. Von da her hat es seine Würde und seinen Auftrag. Wert und Würde kann ein Mensch allerdings nur dann empfinden, wenn er für seine Arbeit den gerechten Lohn erhält.

Wichtig für den Wert der Arbeit sind auch Ruhezeiten. Die Bibel führt aus, dass sechs Tage in der Woche gearbeitet wird. Der siebte Tag ist der Tag Gottes, an dem keine vermeidbare Arbeit getan werden darf. Eine Liste im Judentum nennt 39 Tätigkeiten, die am Schabbat nicht getan werden sollten; und jeder der 39 Punkte hat noch Unterpunkte. Zum Beispiel ist das Autofahren nicht erlaubt. So ernst nimmt man das Ruhegebot.

Unsere Aufgabe als Christinnen und Christen ist es hier, den Glauben an Jesus Christus zu bezeugen, indem wir beharrlich auf gerechte Löhne und geregelte Ruhezeiten für alle bestehen. Wir kämpfen mit, wenn gesellschaftliche Verwerfungen zu Sklaverei gleich welcher Art führen. Wir nehmen uns der Arbeitslosen an, indem wir ihnen unsere Räume und Herzen öffnen, uns für sie einsetzen und für sie beten. Denn Wert und Würde des Menschen bestehen nicht in seiner Arbeit, sondern darin, dass er von Gott wertgeachtet und geliebt wird.

 

Arbeit hat einen hohen Stellenwert. Umso schlimmer, wenn jemand keine Arbeit hat oder unter unwürdigen Bedingungen schuften muss. Arbeiten gehört zum Menschsein. In biblischer Sicht erscheint es sogar als Mitwirken an Gottes Schöpfung.

24.08.2022
Diederich Lüken