Gott braucht mich (nach Jesaja 7, 10 – 14)

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Gott braucht mich (nach Jesaja 7, 10 – 14)
07.12.2019 - 10:00
26.08.2020
Angelika Obert
 

 

 

Ein Zeichen vom Himmel?

„Wir haben große Probleme!“, sprach der König und blickte dunkel in die Runde. „Bedrohung im Norden, Bedrohung im Westen, Bedrohung  im Süden. Meine Herren, wo bleiben Ihre Konzepte?“ „Steuern erhöhen“, sagte der Finanzminister. „Polizei verstärken“, meinte der Innenminister. „Aufrüsten!“, triumphierte der Kriegsminister. Der Prophet aber sagte: „Fordere ein Zeichen vom Himmel!“ „Ha“, lachte der König, „in diesen schweren Zeiten kommst du mir mit Gott! Ein Zeichen vom Himmel! Das ist ja lächerlich.“ Dann aber besann er sich und fügte scheinfromm hinzu: „Wir wollen Gott doch nicht provozieren.“ So ließ sich der Prophet nicht abspeisen. Er schnaubte vor heiligem Zorn: „König!“ sprach er, „reicht es nicht, dass du dein Volk anödest mit deiner Angst und deinem Misstrauen? Musst du jetzt auch noch Gott müde machen? Ich sage dir: Gott wird ein Zeichen setzen. Eine junge Frau wird einen Sohn gebären, den wird sie Immanuel nennen. „Gott mit uns“ wird er heißen und der Gesandte Gottes sein, kein Parteisoldat, keiner, der um seine Macht kämpft, sondern ein wahrer König, der Gottes Willen tut." Das klang vernichtend für den König und seine Minister, aber die nahmen es nicht so ernst.

Prinzip Hoffnung

Für die Leute im Volk aber, die sich abplagten mit den erhöhten Steuern und vermehrten Kontrollen, war es eine Verheißung, die ihre Hoffnung weckte: Es wird nicht immer Unrecht herrschen. Einmal wird jeder sein Stückchen Land haben, seinen Baum zum Ausruhen und ein Leben, das zu ihm passt. Weisheit und Verstand werden regieren. Das Herz der Gewalttäter wird befriedet sein. Alle werden Gott erkennen. Eine Utopie. Sie gab den Armen Kraft, nicht zu verbittern. Um des wahren Königreiches willen, das kommen würde, blieben sie dabei, miteinander zu lachen und ihr Brot zu teilen, was immer die Könige und ihre Minister auch gerade beschließen mochten.

Doch die Verheißung verblasste, als die Jahrhunderte vergingen und Krieg und Unrecht immer wiederkehrten wie Sommer und Winter. Es hatte sich ja nichts getan – außer dass jetzt statt des Königs ein ferner Kaiser herrschte. Dadurch war die Macht noch abstrakter geworden. Das machte die Menschen mutlos.

 

Gott braucht mich

Aber nicht alle. In jenen Tagen, so wird berichtet, gab es in Nazareth eine junge Frau, die hörte einen Engel sagen: „Du wirst einen Sohn gebären, der wird ein Sohn des Höchsten genannt werden...und seines Reiches wird kein Ende sein.“ (Lukas 1, 31 - 33)

„Wie soll das gehen?“ wunderte sich Maria. Sie war keine Schwärmerin. „Bei Gott ist kein Ding unmöglich“, sagte der Engel. Und Maria verstand: Gott braucht mich für seine unmöglichen Dinge. Er braucht meine Hoffnung, meinen Glauben, mein Herz, meinen Leib. Maria hatte den Mut, ihr Leben mit der Verheißung zu verbinden: „Mir geschehe, wie du gesagt hast.“

Heute kennt niemand mehr den ängstlichen König, der von Gott keine Hilfe haben wollte. Aber alle kennen wir die junge Maria, die sich von der Verheißung mitreißen ließ. Wenn nicht in der Kirche, dann sind wir ihr im Museum begegnet oder auf der Weihnachts-CD von Helene Fischer.

 

Und ich?

Nun frage ich mich: Wie kommt es, dass ich von Maria weiß und mich doch meistens verhalte wie der König? Dass ich wie er misstrauisch in die Zukunft blicke und von allen Seiten Probleme auf mich zumarschieren sehe? Immerzu Vorsorge treffen will, um diese und jene Gefahr abzuwenden, aber kaum je im Vertrauen handle, dass Gott auf meinen Mut und meine Zuversicht wartet, damit seine Verheißung aufscheinen kann?

Warum fällt es mir nicht ein, dass ich Gott müde mache mit meinem Unglauben? Und nicht nur ihn. Auch die Menschen, die ich liebe, mache ich müde mit meiner Ängstlichkeit. „Du wirst...“ sagt der Engel zu Maria. Sie glaubt dieser Verheißung. Warum glaube ich nicht auch einmal voller Zutrauen: „Ich werde…“ und gehe an, was mir unmöglich scheint?

 

 

26.08.2020
Angelika Obert