Nur ein Tag – aus dem Leben einer Eintagsfliege

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Nur ein Tag – aus dem Leben einer Eintagsfliege
25.11.2017 - 10:00
15.12.2017
Antje Borchers
Über die Sendung

Unser Leben hat ein Ende – wie würde es uns gehen, wenn wir wüssten, wann es kommt? Antje Borchers erzählt von der Antwort, die ein Film für Kinder und Erwachsene gibt.

 

 

Die Zeit, die bleibt

Wenn ich nur noch einen Tag zu leben hätte, dann … – Ja, was dann? Ich würde wohl total nervös und fahrig werden. Nur noch ein Tag! Ich muss unbedingt noch das und das erledigen. Nur: Was mache ich zuerst?!?

Oder ich wäre wie erstarrt. Weil ich mit jedem Herzschlag die ablaufende Zeit spüren würde.

In dem Kinofilm „Nur ein Tag“ ergeht es einer Eintagsfliege genauso, sie zählt die Zeit, die ihr bleibt, rückwärts: „Eine Stunde, 10 Minuten und 20 Sekunden. Eine Stunde, 10 Minuten und null Sekunden.“

 

Eine zweite Eintagsfliege weiß nicht, dass sie eine Eintagsfliege ist. Sie hat viel vor. „Ich bin eine Maifliege. Jetzt ist doch Mai, oder? Ich hab‘ einen vollen Terminkalender. Erstens einen Beruf lernen, zweitens heiraten, drittens alt werden. Und dann natürlich noch ein paar Sprachen lernen.“

 

Diese kleine Fliege ist gerade am Ufer eines Sees geschlüpft, beobachtet von Fuchs und Wildschwein. Das Wildschwein ist skeptisch: „Komm, wir gehen!  Wenn ich sie kennenlerne und liebgewinne, …“ Der Fuchs weiß, was seinen Freund bedrückt: „Dann musst du weinen, wenn sie heute Abend stirbt!? Aber wer weint denn um eine Eintagsfliege!?“

 

Denn der Tod ist wie das Leben: unabwendbar, meint der Fuchs. Als die kleine Fliege zu ihnen hinüber gehüpft kommt, ist es zu spät zum Abhauen. Und weil sie so lebensfroh ist, bringen die beiden es nicht übers Herz, ihr zu sagen, dass ihr nur ein Tag vergönnt ist. Sie behaupten, es sei der Fuchs, der heute seinen letzten Tag hat, darum seien sie traurig. „Der Fuchs? Nur ein einziger Tag?“ Angesichts des nahen Todes wird auch die Fliege traurig. Doch sie besinnt sich. „Gehn wir an die Arbeit! Wir machen den Fuchs glücklich! Wer nur einen Tag hat, der braucht das ganze Glück in 24 Stunden.“

 

Und in diesen 24 Stunden erleben sie das ganze Leben. Alles hat seine Zeit: lachen, durch den Wald laufen, lernen, lieben, alt werden. Genau wie es der Prediger Salomo im Alten Testament beschreibt:

 

Ein jegliches hat seine Zeit. Geboren werden hat seine Zeit, sterben hat seine Zeit; pflanzen hat seine Zeit, ausreißen, was gepflanzt ist, hat seine Zeit; weinen hat seine Zeit, lachen hat seine Zeit; Streit hat seine Zeit, Friede hat seine Zeit.

 

 

Der Mensch kann nichts ergründen

Ich mag diesen Weisheitstext, die Gelassenheit, die darin spricht. Das Leben – auch mein Leben – ist ein Wachsen und ein Werden und ein Vergehen. Der Prediger Salomo beschreibt alles so selbstverständlich. – Und bei allem, sagt mir der Prediger, bin ich umgeben von Gottes Fürsorge:

 

Gott hat alles schön gemacht zu seiner Zeit, auch hat er die Ewigkeit in der Menschen Herz gelegt; nur dass der Mensch nicht ergründen kann das Werk, das Gott tut. Da merkte ich, dass es nichts Besseres dabei gibt als fröhlich sein in seinem Leben. (Prediger 3)

 

In dem Film erfährt die Eintagsfliege gegen Abend dieses Tages: Es ist sie, die heute ihren einzigen Tag erlebt. Wütend über die Freunde und die Lüge, die sie ihr aufgetischt haben, haut sie ab. Sie weint. Und dann trifft sie ihre Artgenossin, die Eintagsfliege, die trübselig die Zeit rückwärts zählt. Auch die fröhliche Eintagsfliege zählt, und zwar die Ereignisse ihres Tages, und merkt: Wie sehr sich Fuchs und Wildschwein ins Zeug gelegt haben, um aus dem Tag einen wunderschönen Tag zu machen. – Und dann hat sie es eilig. Sie muss noch ein paar Aufgaben ihres Lebens erledigen. Sie paart sich. Und nun wachsen neue Larven im See heran.

 

Nicht allein sein im Leben und im Sterben

Als der Tag zu Ende geht, finden Fuchs und Wildschein die Freundin. Ermattet liegt sie am Ufer. Das Wildschwein bettet sie in seinem Schoß: “Hey, kleine Fliege! Hast du einen Wunsch?“ Sie antwortet: „Geht nicht weg, wenn ich einschlafe!“ Nicht allein sein im Leben. Und nicht allein sein im Sterben. Diese Aufgabe übernehmen die Freunde. Der eine Tag in diesem Film steht für ein ganzes Leben. Und ein Leben ist wie ein Tag. Vom Aufwachen bis zum Schlafengehen. Ich soll guten Muts sein, gelassen und heiter. Und wissen: Gott begleitet mich. 

15.12.2017
Antje Borchers