Bundespolizei

Wort zum Tage
Bundespolizei
16.05.2015 - 06:23
30.03.2015
Pastorin Anja Neu-Illg

Ich drehe mich noch einmal friedlich im Bett um. Sie sind schon im Dienst. Ich fahre zum ersten Termin mit der S-Bahn. Sie sorgen dafür, dass sich keine unbefugten Personen im Gleisbereich aufhalten. Ich juble St. Pauli zu. Sie stehen mit dem Rücken zum Spielfeld und schützen die Fans vor sich selbst. Ich sehe mit Sorge NPD-Aufmärsche im Fernsehen. Sie schützen das Demonstrationsrecht aller Beteiligten. Ich bin in Gedanken schon in den Wolken. Sie sorgen dafür, dass keine gefährlichen Dartpfeile mit an Bord eines Flugzeugs gelangen.

 

Verleih uns Frieden gnädiglich, Herr Gott zu unsern Zeiten, …da sind ja doch auch andre noch, die für uns könnten streiten.

 

Männer und Frauen bei der Bundespolizei. Menschen von ausgesuchter Höflichkeit, noch bevor klar wird, von welcher Einheit ich selbst denn komme. Ein fester Händedruck, einen Kaffee vielleicht…bitte nach Ihnen. Unfreundlich werden können wir immer noch.

 

Sagt die Kommissarin der Lehrgangsklasse im Fach „Führung und Motivation“. Gehen Sie so mit den Leuten um, wie Sie das selbst gern hätten.

 

Verleih uns Frieden gnädiglich, Herr Gott, zu unsern Zeiten. Im Lehrsaal ein Foto von etwas, das aussieht wie ein Autoschlüssel. Doch bei genauem Hinsehen springt kein Schlüssel, sondern ein Messer aus der Plastikhülle. Achten Sie auf solche Dinge.

 

Die Lehrerin spricht über Leistungskontrollen. Es gibt auch Bürgerfeedback, z.B. danke, dass Sie Ihr Leben für mich riskiert haben. Die Polizeianwärter richten sich auf, strecken die Muskeln, recken sich in der Schulbank. Sie sind jung, sie sind gesund, sie sind freiwillig hier. Bereit, geduldig zu warten, wenn es sein muss den ganzen Tag. Auf ihr persönliches SiT.

 

Im Situationstraining (SiT) ist jeder und jede allein. Der Hamburger Flughafen als Nachbau im Keller einer Sporthalle. Freundlich aber bestimmt für Sicherheit im Flugverkehr sorgen. Guten Tag. Das Pfefferspray bleibt hier. Die Flasche können Sie noch austrinken und dann wegwerfen. Der Rest ist Warten. Auf den Moment des Einsatzes.

 

Die Klasse heißt „Zug“. Und der Zug wartet in einer Sportumkleidekabine. Die Viertelstunden dehnen sich. Langeweile. Man spricht über Bahnhofsvorfälle. Eine muss noch ein Referat über Konfliktverteidiger schreiben. Ein Junge soll für ein Referat herausfinden, wie man richtig Todesnachrichten überbringt.

 

Herr Gott.

 

Der Junge mit der Todesnachricht tastet nach etwas an seiner Brust. Hart wie der Panzer einer Schildkröte. Er klopft darauf. Die kugelsichere Weste. Die ist Pflicht. [Klopfen]

 

Unter dieser Uniform schlägt auch ein Herz. Und: Bitte sagen Sie, dass wir auch Menschen sind. Gut, dann sag ich´s – Ja: Sie sind Menschen.

 

Menschen mit großer Einsatzdichte, überlaufendem Überstundenkonto und hohem Krankenstand. Menschen mit schrecklichen Bildern im Kopf, die man nur schwer los wird. Menschen, die sich den Frieden, den sie brauchen, nicht selbst geben können.

30.03.2015
Pastorin Anja Neu-Illg