Damit die Tage nicht wie Brei zerfließen

Wort zum Tage
Damit die Tage nicht wie Brei zerfließen
15.09.2018 - 06:20
27.07.2018
Angelika Obert
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„Ändern Sie eine Kleinigkeit in Ihrem Alltag, das hilft.“ Nicht aus der Bibel, sondern aus einem Fernsehkrimi ist mir dieser Ratschlag eines Abends zugeflogen und hängengeblieben. Das erscheint mir verlockend und machbar: eine Kleinigkeit zu ändern, damit die Tage nicht wie Brei zusammenfließen in den immer gleichen Gewohnheiten. Etwas anders zu machen, damit vielleicht auch der Kopf mal auf andere Gedanken kommt. Und sich das Leben etwas unverbrauchter anfühlt. Die Kommissarin im Krimi hat sich zur Veränderung ihres Alltags einen Hund zugelegt. So mutig bin ich nicht. Ich habe mich damit begnügt, ohne Hund etwas zu tun, was für Hundebesitzer selbstverständlich ist: Abends nochmal rauszugehen, statt gleich vor der Glotze zu landen oder am Laptop herumzukruschen. Gewonnen habe ich den Abendhimmel und die frische Luft, die stiller werdende Stadt und das Gefühl, auch zu später Stunde noch richtig in der Welt zu sein – draußen eben. Gewonnen habe ich eine halbe Stunde Ruhe und die ist oft das Beste vom ganzen Tag. Trotzdem, weil ich ja keine Hundebesitzerin bin, bleibt die Gefahr groß, dass ich den richtigen Augenblick für den Aufbruch verpasse und doch einfach in den Abend hinein wurstele. Es ist gar nicht so einfach, auch nur eine Kleinigkeit im Alltag zu ändern. Es ist jedenfalls einfacher, sich was Neues zu kaufen als irgendetwas neu zu machen. Vermutlich sind auch darum die großen Einrichtungshäuser und Klamottenläden am Wochenende so voll. Nicht nur, weil man Zeit hat und was braucht, sondern auch, weil das Bedürfnis nach was Neuem lockt. Nur dass sich nach dem Einkaufen das Leben dann meist gar nicht anders anfühlt.

Vielleicht ist es ja doch eher das Nicht-Tun, das Bleibenlassen, was den Alltag ein wenig verändern kann. Wie der kleine Abendspaziergang erstmal voraussetzt, dass ich es bleiben lasse, den Fernseher anzumachen oder mich vor dem Laptop niederzulassen. Was Neues kann nur kommen, wenn ich das allzu Gewohnte mal bleiben lasse. Und dazu ist ja jeder Sonntag wohl eigentlich da. Den haben wir doch zum einen als einen Tag der Ruhe und des Aufhörens, wie denn die Bibel erzählt, dass auch Gott am siebten Tag ruhte. Aber er ist auch ein Tag des Neuanfangs, denn er wird in Erinnerung an den Ostermorgen gefeiert, den Tag der Auferstehung, an dem das Leben in neuem Licht erscheint. Ruhe und Neuanfang – jeden Sonntag gehört das zusammen, damit die Tage nicht wie Brei zerfließen und im Kopf nicht immer die gleichen Gedanken kreisen. Ändern Sie eine Kleinigkeit in Ihrem Alltag… ob ich das wohl schaffe, heute und morgen – das allzu Gewohnte bleiben zu lassen, um Raum zu schaffen für was Neues?

 

Es gilt das gesprochene Wort.

27.07.2018
Angelika Obert