Das rettende Ufer

Wort zum Tage
Das rettende Ufer
21.03.2015 - 06:23
30.03.2015
Pastor i.R. Diederich Lüken

Jeder Morgen ist das Ende einer Nacht. Die Nacht bedeutet oft mehr als nur die Dunkelheit, die durch die Erdumdrehung verursacht wird. Nacht kann es auch im Leben eines Menschen werden. Manchmal kommt beides zusammen, die dunkle Nachtzeit und die dunkle Lebenszeit. Die Bibel erzählt von den Jüngern Jesu, wie sie so eine schlimme Nacht erleben. Sie sitzen die ganze Nacht lang in einem Boot auf dem See Genezareth und wollen Fische fangen. Das war ja auch ihr Beruf, bevor sie von Jesus gerufen wurden. Doch ihre Arbeit ist vergeblich. Der Morgen graut, und ihre Netze sind leer. Enttäuschung macht sich breit. Nacht ist es auf ihrem See, Nacht ist es in ihren Seelen.

 

Mit einem bitteren Gefühl im Herzen nähern sie sich dem Ufer. Da werden sie von einem Mann am Strand angesprochen. Sie erkennen ihn nicht. Er empfiehlt Ihnen, das Netz auf der anderen Seite des Schiffes auszuwerfen. Ein unsinniger Vorschlag; Fische unterscheiden im Allgemeinen nicht zwischen links und rechts. Außerdem, jetzt am Morgen geht kein Fisch mehr ins Netz. Sie haben sich in die Tiefen des Sees verzogen. Die Jünger wissen: Es ist aussichtlos. Aber was tut man nicht alles, wenn man nicht mehr weiter weiß! Sie werfen das Netz tatsächlich auf der anderen Seite des Bootes aus, und das Wunder geschieht. Das Netz ist voll. Da dämmert es ihnen, wer das ist, der sie da so überraschend angesprochen hat. „Es ist der Herr“, sagt einer von ihnen, er meint damit Jesus, und Petrus springt ins Wasser, um schwimmend das Ufer zu gewinnen. Das Boot ist ihm wohl zu langsam. Jesus aber hat für seine Jünger schon ein Frühstück vorbereitet: Es gibt auf dem offenen Feuer gegarten Bratfisch.

 

Diese Geschichte, die am Ende des Johannesevangeliums erzählt wird, zeigt nicht nur: Jede Nacht geht einmal zu Ende, stets beginnt ein neuer Morgen. Das ist geradezu eine Binsenweisheit. Entscheidend ist: Am morgendlichen Ufer steht Jesus. Es steht der am Ufer; der selbst die dunkelste aller Nächte durchlebt und durchlitten hat, den Tod am Kreuz. Ich glaube daran: Seitdem gibt es keine Nacht mehr, die so dunkel ist, dass Jesus nicht in ihr verborgen sein könnte, oft unerkannt, aber dennoch nah und wirkungsvoll. Auch in der dunkelsten Nacht, der Todesnacht, wird mich der erwarten, von dem ich zu Ostern bekenne: Der Herr ist auferstanden. Eine Kollegin namens Cornelia Trick hat den wunderbaren Satz gesagt: „Jesus bricht wie das Morgenlicht in unsere dunkelsten Nächte und zieht uns hinein in seine Gegenwart, an das rettende Ufer.“ Ja! Dort hat er alles bereitet, dort stillt er den Hunger nach einem Leben im Licht Gottes.

30.03.2015
Pastor i.R. Diederich Lüken