Der Mensch ist die Krone

Wort zum Tage
Der Mensch ist die Krone
11.04.2016 - 06:23
11.01.2016
Pfarrer Michael Becker

Nichts geht ohne Alkohol. Das glaubt der amerikanische Schriftsteller William Faulkner (1897 - 1962). Er braucht seinen Nebel im Kopf, meint er, aus dem Ideen kriechen. Viele Romane, Erzählungen. Viel Alkohol und Entziehung. Ruhm mag er nicht. Der Ruhm kommt aber. Faulkner erhält 1950 den Literaturnobelpreis. Erst will er den nicht abholen. Fühlt sich nicht sicher auf den Beinen, wegen Alkohol. Und fürchtet das fremde Land und fremde Leute. Jetzt trinkt er aus Angst. Seine Tochter überredet ihn. Gemeinsam fahren sie nach Stockholm. Dort muss er reden. Tagelang feilt er im Hotel an seinen Worten. Trinkt lieber wenig. Und sagt dann Worte, die immer noch eine Wucht sind, bis heute. Er sagt: Ich will keine Angst haben; Angst macht mich doch nur erbärmlich…

 

                Ich glaube, der Mensch wird nicht nur überleben, er wird siegen. Der Mensch ist

                unsterblich, nicht, weil er allein unter den Geschöpfen eine unermüdliche

                Stimme hat, sondern weil er eine Seele, einen Geist hat - und fähig ist zu Mitleid

                und Opfer und Ausdauer.

 

Das sind goldene Worte, auch nach über sechzig Jahren noch. Der Mensch ist besonders, die Krone, sagt man. Er ist Zerstörer, einerseits; bestimmt der größte in der Schöpfung Gottes. Aber er kann mehr, der Mensch, andererseits. Mitfühlen nämlich. Was für ein Geschenk Gottes. Ein Herz kann nicht nur für sich schlagen, auch für andere. Ich kann, bei aller eigenen Not, auch noch erkennen, was andere bedrückt. Ich spüre, auch wenn ich wie im Nebel lebe, noch die Furcht anderer. Und merke, wie wir aufeinander angewiesen sind. Wie einer allein sich zwar retten kann, aber doch nicht auf Kosten anderer. Mit sich fühlen kann jeder, das ist keine Kunst. Aber dann noch andere neben mir auf der Welt sehen, wie die sich mit dem Leben plagen, ist der Anfang der Zuversicht. Ich bin ja noch nicht gerettet, solange andere neben mir untergehen. Wenn das nur einer erkennt, wird die Welt schon besser. Hand in Hand sozusagen besiegt man die Angst. Der Mensch ist die Krone, weil er um sich blickt; weil er Zusammenhänge fühlt. Wer sich rettet, rettet

n u r sich. Wer sich und einen anderen rettet, beginnt mit der Rettung der Welt.

11.01.2016
Pfarrer Michael Becker