Dreißigjähriger Krieg

Wort zum Tage
Dreißigjähriger Krieg
16.01.2018 - 06:20
10.01.2018
Pfarrerin Kathrin Oxen
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Das Buch, das ich zu Weihnachten bekommen habe, ist furchtbar dick. Und es ist leider auch kein Roman, sondern ein Sachbuch über den Dreißigjährigen Krieg. In diesem Jahr erinnern wir uns an seinen Anfang vor 400 Jahren und auch an sein Ende. Begonnen hat er im Mai 1618 mit dem „Prager Fenstersturz“. Das ist für mich, ehrlich gesagt, nur ein Begriff aus dem Geschichtsunterricht. Ich will das Buch lesen, weil ich über den Dreißigjährigen Krieg zu wenig weiß – außer dem, was man manchmal als Scherzfrage beantworten muss, nämlich, wie lange er gedauert hat…

 

Beim Lesen im Bett trainiere ich gleichzeitig noch meine Arme, die das dicke Buch halten müssen. Aber ob ich hinterher wirklich schlauer bin? Ich glaube, eines weiß ich jetzt schon:

Bei vielen, wenn nicht den meisten Kriegen kann man hinterher nicht mehr so ganz genau sagen, warum sie angefangen haben. Viele Ursachen kommen zusammen: Gegenseitige Drohungen, eine immer aggressiver werdende Stimmung und dann irgendwann ein erster Angriff oder eben eine symbolische Aktion wie der Prager Fenstersturz. Denen, die damals aus dem Fenster geworfen wurden, ist übrigens nicht Schlimmes passiert.

Manches, was ich aus dem Geschichtsunterricht weiß, erinnert mich in unguter Weise an unsere politische Situation in der Welt: gegenseitige Drohungen, heute ganz schnell und bequem über Twitter, eine aggressiver werdende Stimmung. Und sicher ginge es beim Auslösen eines militärischen Einsatzes heute nicht so glimpflich ab wie damals in Prag. Ich mache mir Sorgen, dass später einmal in Geschichtsbüchern über das Jahr 2018 etwas Ähnliches steht wie in meinem Buch über das Jahr 1618.

 

Wenn ich merke, dass mir die Arme lahm werden und das Herz verzagt von diesem tausendseitigen Buch über den Krieg, dann lege ich es weg. Denn da ist noch ein anderes Buch auf meinem Nachttisch: Die Bibel. Die kann ich an vielen Stellen aufschlagen und finde immer den gleichen großen Wunsch: Dass die Menschen überhaupt verlernen, Krieg zu führen, steht darin. Und das Bild von den Schwertern, die zu Pflugscharen werden, damit aus Feldern nie mehr Schlachtfelder werden. Die Vision von Frieden und Sicherheit für alle Menschen. Gewaltverzicht und sogar Feindesliebe, wie Jesus von Nazareth sie lehrt. Ja, ich weiß, viele sagen: Damit kann man doch keine Politik machen. Doch was passiert denn, wenn man nach anderen Maßstäben Politik macht? Bücher über Kriege gibt es weiß Gott genug. Ich möchte keine neuen mehr lesen müssen.

10.01.2018
Pfarrerin Kathrin Oxen